1956 Schreibtischarbeit
Die Katze klettert an diesem späten Morgen auf meinem
Schreibtisch herum, bis sie endlich ihre Position an meiner statt gefunden hat.
Treues Tier! Während ich im Bett hockend mit meiner Auflösung spiele, übernimmt
sie meine Arbeit.
Das Kribbeln wandert gerade von der rechten Wange zum Kinn
hinunter. Meine Hände – die linke hat das geöffnete und empfangsbereite
Notizbuch zwischen Zeige- und Mittelfinger eingeklemmt, auf daß es nicht
davonrutsche, die rechte hält den Pilot-Kugelschreiber („Piloten ist nichts
verboten“ - er darf alles schreiben) – die Hände sind also relativ stabile
Inseln in einer primär träumenden Substanz.
Die einsetzende Klimaanlage aus dem Lichtschacht hilft mit
esoterisch-minimal-musikalischen Rauschen zuerst bei meiner Auflösung, um dann
doch die Seiten zu wechseln und mit ihrem Geheule meine aufgelöste
Aufmerksamkeit einzufangen und zusammen zu scheuchen. Das hält nicht sehr lange
an, dann versinke ich wieder in das träumende Substrat. Entlang meines Rückens
entwickelt sich wieder ein länglicher, stabilerer, wirbelsäulenähnlicher
Cluster. Ich starre weiterhin mit geschlossenen Augen in das Notizbuch
hinunter, bis sich mein finsterer Blick etwas heraus hebt. Die Katze beginnt
neuerlich rücksichtsvoll und vorsichtig auf meinem Schreibtisch herumzuarbeiten
um eine neue Ruheposition zu finden. Auch ich rücke auf meinem Platz hin und
her, drehe mich so und dann anders, bis ich beschließe, mich wieder flach in
die Auflösung zu legen.
(24.8.2020)
©Peter
Alois Rumpf August 2020 peteraloisrumpf@gmail.com
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