1903 Umsonst
Herzklopfen in aller Herrklotzsfrühe. Beim Katzenfüttern
überanstrengt in der Morgendämmerung? Oder beim Kirschenessen? Oder beim Öffnen
des klemmenden Fensters? Beängstigend, wie aufgeregt mein Herz schlägt. Meine
linke Hand hat den Drall sich zu verkrampfen. Ich arbeite dagegen und suche
Unterstützung bei den faden Taubenrufen.
Die frische Lichtschachtluft tut gut. Ich lauere auf
Schreibanregung beim Geräusch diverser Klospülungen.
Im Bauch ist mir immer noch flau. Mein Kopf ist immer noch
in Schrillsubstanz gehüllt. Die wird jedoch immer durchlässiger und akustischer
und auf ihre irdischen Frequenzen beschränkt.
Ja nicht den linken Arm verkrampfen!
Im Vorzimmer knackt es. Auch mich erreicht die kalte Luft
nun besser.
Ein Druck in den Ohren, als würde ich mit einer Seilbahn
fahren. Die tauben Rufe kommen näher.
Meine Ohren arbeiten wie verrückt, um aus den stillen Phasen
Lärm zu holen.
Jetzt werd ich wieder müde.
Oh, das Gold meiner töchterlichen Miniikonen glänzt! Und
weil sehr klein, ist es nicht zu aufdringlich. Ich suche das wiedergefundene
Bild der einfachen Frau, die sich gerade zu entkleiden beginnt in ihrem
erschrockenen Weiß (dem Maler aus Armut Modell gestanden?).
(Die Katze hat sich schnurrend auf meine Brust gelegt und
stinkt aus dem Maul.)
Mein Gott! In mir steigt der Mut auf, heute in die Albertina
zu gehen! Ein Wunder.
Ein Windstoß, der die Zimmertür schlägt, schreckt uns beide
– Katze und mich – auf.
Diese Albertinaidee breitet sich in meinem Inneren aus und
verfestigt sich. Sie erreicht mein Herz, das aufgeregt ausruft: Wir schaffen
das! Zaghafte Wellen des Optimismus und der Zuversicht durchrieseln mich; ich
kann es kaum glauben.
Ich lasse meine Seele noch ein wenig in diesem Gefühl
schaukeln, wachsam, den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen.
Ich möchte eine jungfräuliche Entscheidung. Eine die aus mir
kommt und nicht durch Aufrufe, Anweisungen, Übergriffen, Programme,
Belästigungen bedrängt und verunreinigt ist.
Aber es wächst auch die Angst. Und immer noch nicht kann ich
mir vorstellen, wie ich Paria in die Albertina hineingehe; ich, der ich doch
schon aufgegeben habe und nicht mehr um einen Platz in der Gesellschaft kämpfen
will; ich, der ich im Ausgedinge bin (obwohl mir der Hof nie gehört hat); ich,
der ich sozial und gesellschaftlich ein Nichts bin. Gar nichts.
Jetzt tobt der Kampf zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
(25.6.2020)
©Peter Alois Rumpf, Juni 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite