Montag, 29. Juni 2020

1903 Umsonst


Herzklopfen in aller Herrklotzsfrühe. Beim Katzenfüttern überanstrengt in der Morgendämmerung? Oder beim Kirschenessen? Oder beim Öffnen des klemmenden Fensters? Beängstigend, wie aufgeregt mein Herz schlägt. Meine linke Hand hat den Drall sich zu verkrampfen. Ich arbeite dagegen und suche Unterstützung bei den faden Taubenrufen.
Die frische Lichtschachtluft tut gut. Ich lauere auf Schreibanregung beim Geräusch diverser Klospülungen.
Im Bauch ist mir immer noch flau. Mein Kopf ist immer noch in Schrillsubstanz gehüllt. Die wird jedoch immer durchlässiger und akustischer und auf ihre irdischen Frequenzen beschränkt.

Ja nicht den linken Arm verkrampfen!
Im Vorzimmer knackt es. Auch mich erreicht die kalte Luft nun besser.
Ein Druck in den Ohren, als würde ich mit einer Seilbahn fahren. Die tauben Rufe kommen näher.
Meine Ohren arbeiten wie verrückt, um aus den stillen Phasen Lärm zu holen.
Jetzt werd ich wieder müde.

Oh, das Gold meiner töchterlichen Miniikonen glänzt! Und weil sehr klein, ist es nicht zu aufdringlich. Ich suche das wiedergefundene Bild der einfachen Frau, die sich gerade zu entkleiden beginnt in ihrem erschrockenen Weiß (dem Maler aus Armut Modell gestanden?).
(Die Katze hat sich schnurrend auf meine Brust gelegt und stinkt aus dem Maul.)

Mein Gott! In mir steigt der Mut auf, heute in die Albertina zu gehen! Ein Wunder.
Ein Windstoß, der die Zimmertür schlägt, schreckt uns beide – Katze und mich – auf.

Diese Albertinaidee breitet sich in meinem Inneren aus und verfestigt sich. Sie erreicht mein Herz, das aufgeregt ausruft: Wir schaffen das! Zaghafte Wellen des Optimismus und der Zuversicht durchrieseln mich; ich kann es kaum glauben.
Ich lasse meine Seele noch ein wenig in diesem Gefühl schaukeln, wachsam, den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen.

Ich möchte eine jungfräuliche Entscheidung. Eine die aus mir kommt und nicht durch Aufrufe, Anweisungen, Übergriffen, Programme, Belästigungen bedrängt und verunreinigt ist.

Aber es wächst auch die Angst. Und immer noch nicht kann ich mir vorstellen, wie ich Paria in die Albertina hineingehe; ich, der ich doch schon aufgegeben habe und nicht mehr um einen Platz in der Gesellschaft kämpfen will; ich, der ich im Ausgedinge bin (obwohl mir der Hof nie gehört hat); ich, der ich sozial und gesellschaftlich ein Nichts bin. Gar nichts.

Jetzt tobt der Kampf zwischen Hoffnung und Verzweiflung.










(25.6.2020)










©Peter Alois Rumpf,  Juni 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


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