1436 Ich habe eine Affäre mit meinem Notizbuch
Obwohl ich mir gerade denke: nicht schon wieder so einen
Halbschlaftext! greife ich genau in diesem Setting – im Bett hockliegend, gerade
aufgewacht, noch voll verschlafen – zum Notizbuch und die Augenlider werden
schon schwer und schwerer und bald werde ich eingeschlafen sein.
Ja, die erste Post-Schlaf-Schlafphase habe ich schon hinter
mir, aber oh weh! - die Träume habe ich alle zurücklassen müssen. Auf zum
zweiten Streich!
Jetzt habe ich in meinem Notizbuch endlich den
Ich-akzeptiere-die-Geschäftsbedingungen-und-lasse-Cookies-zu-Button gefunden
und angeklickt. Jetzt sollte ich halt wissen, was Cookies sind und wie die
analog ausschauen könnten und was die tun.
Die Katze popt up, äh, springt mit einem kurzen Miau auf
mein Bett, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich und will gestreichelt werden.
Ich tue wie verlangt.
Irgendwas mit meinem Vater. Als ich den Kugelschreiber, der
mir aus der Hand gefallen ist, suche, habe ich schon alles wieder vergessen.
„Der Harald ist auch ...“, sagt meine Frau. Moment! Wer ist
Harald?!
Wieder eingeschlafen. Drüben ruft mich ein Liebhaber meiner
Frau an (ich lese, herüben, gerade ein ausgezeichnetes Buch über die Macht der
Affäre von Esther Perel) und … pah! ist das herrlich, in meiner Hitzekleidung:
kurze Hose, nackte Beine, Sandalen (just!) und so - durch die abgekühlte Luft
zu gehen, während leichte Brisen den Erfrischungseffekt angenehm verstärken!
Bitte, liebe(r) ?, bleib noch auf der anderen Seite, ich
will das da noch putzen.
Ist das schon Seattle?
Und jetzt? Jetzt geht die Katze; war ihr Seattle zu viel?
Ich mit meiner Streichlerei zu aufdringlich oder zu fad?
Wir sitzen da beim Bankomaten ziemlich dicht beisammen. Ich
strecke die Beine aus und lege mein Notizbuch unabsichtlich auf meinen
morgendlichen Schwanz. Der leichte Druck auf meinem Ding gefällt mir und so
lasse ich es und überlege, was das für Auswirkungen auf meinen Text haben
könnte. Ein Titel dafür fällt mir ein: 1436 „Ich habe ein Affäre mit meinem
Notizbuch“ …
Ich ziehe die Beine wieder an, denn so kann ich einfach
bequemer schreiben.
Die Katze putzt sich geräuschvoll unter meinem
Gewandablagesessel.
Mit zwei rundlichen Leuten in unserer oberen Badewanne; ich
kann nicht einmal feststellen, ob es Männer oder Frauen sind – schon ist die
Szene wieder weg.
Die größte Tierherde Österreichs verschwindet in der zweiten
Dimension (oder ist das die fünfte? die sechste?), also ich meine: drüben halt; nachdem ich
feststellen mußte, daß ich die halbe Seite drüben vollgeschrieben habe, und hier
diese neue Seite leer ist.
Können wir uns langsam auf Aufstehen und Frühstück einigen?
Mir kommt die Idee zu einer Art Philosophie und
Lebenshaltung: den Panerotizismus: alles ist erotisch (ja, ja, ich geb's ja zu:
alles wird erotisch aufgeladen, die sichtbare und die unsichtbare Welt; nicht
ungefährlich! - je nachdem, was man mit Eros meint).
(Hätte auch nicht gedacht, daß ich wieder einmal da lande,
nachdem ich mich vor kurzem noch über so etwas lustig gemacht habe.)
Soll ich mich noch einmal in Schlaf und Traum fallen lassen?
Vielleicht rutsche ich dabei in eine andere Rille. Oder ist es mir eh so recht?
Einigen wir uns darauf: es ist schön zu leben und sich an
allem zu erfreuen? Ansonsten: wir werden sehen.
(31.7.2019)
©Peter Alois Rumpf
Juli 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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