1431 Eigenartige Zufälle
Eigenartige Zufälle, die sich in der wirklichen Realität
zugetragen haben: 1990, nach meiner Beratung beim Astrologen Döbereiner, der
mir zugeredet hat, wieder in die katholische Kirche einzutreten und mein
abgebrochenes Theologiestudium wieder aufzunehmen und abzuschließen, und nach
meinem Pariser Exil (hier in der Schublade Nr. 93 „Mein Pariser Exil“),
überlege ich, von Wien nach Graz zu übersiedeln, um das Studium dort, wo ich es
abgebrochen hatte, wieder anzupacken und an den Ort und in die Szene, vor der
ich geflüchtet bin, zurückzukehren und mich den Dingen zu stellen. Deshalb
fahre ich nach Graz, um meine studientechnischen Angelegenheiten zu ordnen und
meine Wohn- und Existenzmöglichkeiten in Graz zu sondieren.
Gerade als ich am Bahnhof aus dem Zug steige und den großen
Vorplatz überqueren will, bleibt ein Regionalbus einfach so, weit und breit
keine Haltestelle, stehen, die Bustür öffnet sich und mein Name wird gerufen.
Erstaunt schaue ich hin und stelle fest, es sind meine
Eltern, die in der Autobustür stehen und mein Vater ruft mir zu, daß sie zum
Begräbnis von Onkel X fahren, ein Bruder meiner Mutter, der als Nazi, der er
auch nachher geblieben ist, ganz persönlich an Kriegsverbrechen an gefangenen
Frauen beteiligt war. Und ein rabiater Antiklerikaler, auch einer der Verächter
meiner Theologie-Studiererei.
Dann hetzte ich zur Uni und dort kommt mir Y.Z. entgegen.
Wir hatten schon vor meiner Flucht aus Graz nach einem Streit den Kontakt
abgebrochen und weil er wegen dieses Streites (bei dem es unter anderem um ein
persönliches Kodolitsch-Gespräch mit Peter Pakesch ging) seine Funktion als
Chef einer politischen Studentengruppe zurücklegte und somit ich schuld war,
daß ein „so großartiger Mann“ - wie es ein Obergenosse ausdrückte (zu diesem
sage ich nur: „Sterz“) „wegen der psychischen Probleme dieses Rumpf da“ der
Studentengruppe verloren ging (auch einer der Fluchtgründe).
Gut, der Y.Z. konnte dann endlich sein Studium abschließen
und Universitätsprofessor werden. Was den Streit betrifft mußte ich ihm nachträglich
eigentlich eh recht gegeben, aber das sage ich ihm jetzt, bei dieser zufälligen
Begegnung gar nicht, sondern grüße nur mit „servas“ und hetze weiter zur bald
schließenden Evidenzstelle. Y.Z., ein ausgesprochen sensibler Mensch, hatte in
meiner Grazer Zeit als bewunderter und verehrter älterer Freund und - ein paar
Monate lang - WeGe-Genosse großen Einfluß auf mich und auch er war ein
erbitterter Feind der Kirche, wenn auch von der rationalen, aufklärerischen
Seite her, aber durchaus gewürzt mit schlimmen persönlichen Erfahrungen.
Ich tue so, als ob eine solche zufällige Begegnung nach so
vielen Jahren und zu einem Zeitpunkt, wo ich wieder in die Kirche eingetreten
war und das Theologiestudium fertig machen wollte, ganz normal wäre.
Wenn mir ein drittes Omen einfiele, dann wäre ich jetzt
sicher, das Schicksal oder die Götter wollten mir mitteilen: es wäre gut, an
den Ort und in die Gesellschaft, vor der ich geflüchtet bin, zurückzukehren, um
meine sieben Sachen in Ordnung zu bringen; so habe ich nur einen Verdacht.
Was mich heute, am 25.7.2019, wundert: erst nach fünfundzwanzig Jahren
fallen mir diese Zusammenhänge auf und die – wie mir vorkommt – Dichte der
Hinweise und so etwas wie ein Muster, auch wenn ich es immer noch nicht zu
deuten weiß.
Ich möchte noch anfügen, was „meine“ Zauberer schreiben: „Es
gibt dreierlei schlechte Gewohnheiten, in die wir immer wieder verfallen,
sobald wir im Leben mit ungewöhnlichen Situationen konfrontiert sind. Erstens
können wir das, was geschieht oder geschehen ist, leugnen und so tun, als sei
es nie geschehen. So machen es die Bigotten. Zweitens können wir alles
unbesehen akzeptieren und so tun, als wüßten wir, was geschieht. So machen es die Frommen. Drittens kann ein
Ereignis uns zwanghaft beschäftigen, weil wir es weder leugnen, noch
rückhaltlos akzeptieren können. So machen es die Narren.“ (Carlos Castaneda,
„Der Ring der Kraft“ S 62)
(25.7.2019)
©Peter Alois Rumpf Juli 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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