Dienstag, 23. Juli 2019

1426 Mein Geschau


Über dem großen, scheußlichen Polizeigebäude zieht eine majestätische Herde weißer Wolken hinweg; gerade noch im minimalen Himmelsausschnitt zu sehen. Jetzt leuchtet nur mehr ein betrübter, gedämpfter blauer Himmel verhalten herunter. Ganz unten, knapp über dem Dach taucht hin und wieder ein weißes Wolkenfetzchen auf, wahrscheinlich Ausläufer einer verborgenen größeren Gruppe von Wolken, die tiefer und – wenn ich es richtig sehe – Richtung Osten pilgern.
Ein paar Lichtreflexionen und Spiegelungen verschieben meinen Ausblick ins Unrealistische.
Am stärksten leuchtet eine Stromleitung der Straßenbeleuchtung.

Ein junger Mann lehnt lässig an der Hauswand, die Hände in den Hosentaschen, ein Bein über Kreuz und abgewinkelt mit den Zehenspitzen am Gehsteig gestellt.
Als ich die Augen wieder vom Papier hochhebe, ist er verschwunden. So schnell? War er bloß eine Erscheinung? Noch ein Fußgänger, gerade noch da, schon verschwunden.
Ist dort drüben ein Durchgang in andere Welten? Ein Schleuse für Dimensionenreisende? Oder bin ich bloß zu langsam mit meinem Geschau?

Ein dünnes Wölkchen, dann noch eins ziehen langsam und stolz über dem Dach nach links, darunter kann man eine größere ahnen, weil ein wenig von ihrem Rand hinterm Dach auftaucht, der aber auch am Ausfransen ist.

Beim Polizeigebäude sind vor allem die dunklen Löcher der offenen Fenster unheimlich; in ihrer Düsternis nicht zum heißen Sommertag passend; zumindest für mich nicht, der ich in äußerem Frieden aufgewachsen bin.

In einem Fenster ganz oben bewegen sich die bunten Vorhangstreifen im unsichtbaren Wind.









(23.7.2019)










©Peter Alois Rumpf  Juli 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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