1426 Mein Geschau
Über dem großen, scheußlichen Polizeigebäude zieht eine
majestätische Herde weißer Wolken hinweg; gerade noch im minimalen
Himmelsausschnitt zu sehen. Jetzt leuchtet nur mehr ein betrübter, gedämpfter
blauer Himmel verhalten herunter. Ganz unten, knapp über dem Dach taucht hin
und wieder ein weißes Wolkenfetzchen auf, wahrscheinlich Ausläufer einer
verborgenen größeren Gruppe von Wolken, die tiefer und – wenn ich es richtig
sehe – Richtung Osten pilgern.
Ein paar Lichtreflexionen und Spiegelungen verschieben
meinen Ausblick ins Unrealistische.
Am stärksten leuchtet eine Stromleitung der
Straßenbeleuchtung.
Ein junger Mann lehnt lässig an der Hauswand, die Hände in
den Hosentaschen, ein Bein über Kreuz und abgewinkelt mit den Zehenspitzen am
Gehsteig gestellt.
Als ich die Augen wieder vom Papier hochhebe, ist er
verschwunden. So schnell? War er bloß eine Erscheinung? Noch ein Fußgänger,
gerade noch da, schon verschwunden.
Ist dort drüben ein Durchgang in andere Welten? Ein Schleuse
für Dimensionenreisende? Oder bin ich bloß zu langsam mit meinem Geschau?
Ein dünnes Wölkchen, dann noch eins ziehen langsam und stolz
über dem Dach nach links, darunter kann man eine größere ahnen, weil ein wenig
von ihrem Rand hinterm Dach auftaucht, der aber auch am Ausfransen ist.
Beim Polizeigebäude sind vor allem die dunklen Löcher der
offenen Fenster unheimlich; in ihrer Düsternis nicht zum heißen Sommertag
passend; zumindest für mich nicht, der ich in äußerem Frieden aufgewachsen bin.
In einem Fenster ganz oben bewegen sich die bunten
Vorhangstreifen im unsichtbaren Wind.
(23.7.2019)
©Peter Alois Rumpf Juli 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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