1418 Ich vertage die Nachforschung („Sweetness! Sweetness!“)
Der Ventilator dreht sich. Rechts von mir reden sie
miteinander, links von mir gaffen und arbeiten sie in die Laptope. Das Klacken
der Tasten tönt lauter als mein Stift auf dem Papier – gut, das ist jetzt keine
was-weiß-ich-wie-großartige Beobachtung (und mit den Ohren beobachtet!).
Gesang, Gläsergeklirr, Gerätepiepsen, Stimmen, Autoverkehr,
ein Pfiff, noch ein Pfiff mischen sich dazu. Schatten wandern die Wand entlang
(wandern – Wand? - hä?), wenn es nicht schon eilen ist. Ein Mann – einer von
der Sorte, die ich heimlich zu verachten pflege (und unheimlich fürchte) – kommt herein und starrt
unbeirrt auf die Speisenanzeigetafel. Dann bestellt er bei der resoluten
Kellnerin, die sich neben ihn stellt.
Die Musik – vorhin noch gitarresk – wird gitarrenlos und
fad. Mein Kaffee ist längst ausgetrunken – ich warte noch mit einer neuen
Bestellung (vielleicht plötzlich reich?).
T-shirtmäßig tue ich so, als wäre ich nicht erreichbar: eine
kontraindikatorische Intervention (gibt’s das überhaupt?).
Ich lege die Brille auf den Tisch um besser sehen zu können
(nur ganz kurz, denn um diesen Satz aufschreiben zu können, muß ich sie wieder
aufsetzen).
Plötzlich riecht es nach einer Chemikalie – wart! wart! ich
kenn sie! - … eine Farbe? Ich kenne den Geruch, komme aber nicht drauf. Lack?
Die Farbe für die Straßenmarkierungen?
Ein Laptoper geht. Eine Laptoperin streckt immer wieder
ihren Oberkörper um sich aufzurichten. Eine andere ist zum Smartphone
übergewechselt.
Der Lackgeruch fängt an, mich zu berauschen; meine
Wahrnehmung ändert sich und mir wird schummrig.
Auch ich setze mich so, daß ich aufrechter bin. Der Geruch
nach Katzenfutter kann nur eine Halluzination sein, oder bestenfalls ein
Kollateralgeruch aus irgendeiner Vermischung.
Ich starre zu den fünf Bildern ohne sie anzuschauen. Ein
venezianisches Segelschiff habe ich kurz für einen schlanken Dinosaurier
gehalten.
Jetzt ein uralter Hit, den ich kenne, aber nicht mehr weiß,
von wem und wie er heißt. Die Byrds? Oder die Birds? Keine Ahnung,
jedenfalls bin ich erst vor kurzem akustisch über diesen Song gestolpert. Ich
vertage die Nachforschung.
Am Heimweg zu Fuß singe ich auf der Straße – innen
inbrünstig, außen doch ein wenig verhalten - „Sweetness! Sweetness!“ während
mir meine Ohrenstöpsel das Original von „Bigmouth Strikes Again“ von den Smiths
mit ordentlicher Lautstärke vorspielen.
(18.7.2019)
©Peter Alois Rumpf
Juli 2019 peteraloisrumpf@gmail.com
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