Dienstag, 9. Juli 2019

1409 Aufbruch!


Ein Ensemble leerer Stühle spielt direkt vor mir ein musikunterstütztes Einsamkeitstheater verwoben mit „Warten auf“ … auf wen eigentlich? Mein ewig suchender Blick tastet die leeren Stühle und die wenigen Menschen ab. Ich blicke zur eigenen Ablenkung zum Plafond, den abgescherten, und verfolge die flotten Drehbewegungen gegen den Uhrzeigersinn (wenn es keine optische Täuschung ist! Filme!) des kleinen Ventilators.
Von der Glasfront her - sprich der Getränke- und Gläserstellage hinter der Bar - glitzert, leuchtet und glänzt es.

Auf einmal stehen viele junge Leute herinnen, was mich auf illusorische Weise jünger, hoffnungsvoller und illusionsgeladener macht.

Jetzt sind sie wieder weg und die Stühle, die während der kurzen, angenehmen Invasion gar nicht besetzt waren, wirken wieder leerer.

Ehret das Alter! Mach ich, mach ich, wenn es noch geil oder schon weise ist (Mein Gott! Wie leicht lasse ich mich zu saublöden Aussagen hinreißen! Noch dazu, wo ich „oder schon weise“ erst nachträglich hinzugefügt habe. Das rettet den Satz auch nicht mehr, so rett' ich mein eigenes Leben).

Schließlich ist es auch billig und schäbig (also im alten Sinn: unbillig), das Fehlende außen zu suchen, wenn es doch das Innerste ist.

Oh, eine ältere Latzhosenträgerin, wie in alten Zeiten.

Der am übernächsten Tisch pfaucht und flucht auf Englisch, während er bei geöffnetem Laptop ein Buch liest – vielleicht durcharbeitet.
Die Kellnerin scheint mir gegenüber langsam etwas weicher, zugänglicher, weniger abweisend zu werden; zumindest war ihr Blick jetzt, da sie mir den Kaffee serviert hat, freundlich – milde – vergebend.

Was für ein Theater! Ich bleibe beim Wort „Vergebung“ hängen und mir kommen die unsichtbaren Tränen.

Dabei bleibe ich hinterhältig, denn während ich mich immer mehr einkrümme, gaffe ich immer noch aus meiner körperlich-seelischen Schneckenhausspirale heraus.

Aufbruch!










(9.7.2019)










©Peter Alois Rumpf  Juli 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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