1338 Wundersucht und Pleantensattel
Die eine Medikamentenschachtel hat eine Krone aus weißem
Licht, und manchmal leuchtet es auch auf ihrer linken Seite ein ganz klein
wenig auf. Ich werde nachschauen, welche Medizin es ist – vielleicht ist das
eine Botschaft – ich habe das Medikament schon länger nicht verwendet; es
gehört nicht zu meinen aktuellen Schachteln.
Meine Wundersüchtigkeit in Ehren: aber das dürfte mit
Lichtreflexionen ganz physikalisch zu erklären sein; da braucht's keine
Metaphysik (im wörtlichen Sinn des Wortes).
Leider. Ich ginge gern über die Natur hinaus (ob ich dem
gewachsen wäre, das ist eine ganz andere Frage. Nur ein Narr denkt an so etwas,
bevor er hier auf Erden seine sieben Zwetschken beieinander hat (sagt DJM bei
CC), und die habe ich nicht.
Meine tagesmütterliche Frau hat Azubis zum Hospitieren
unten; ich mag eigentlich nicht hinuntergehen. Aber ich brauche jetzt mein
Frühstück; wenn ich essen will, werde ich hinuntergehen müssen. (Wie schön wäre
ein wenig Wohlstand, so daß ich sagen kann: ich gehe nur durch und nehme mein
Frühstück im Paim, im Esspresso Burggasse oder im Mima ein! So muß ich mir beim
Kauen zuschauen lassen!) (Ich weiß! Es kommt aber immer darauf an, mit wem man
sich und seine Lage vergleicht.) - naja, jetzt übertreibe ich: in die Küche
schaut man von den Tageskinderräumen vulgo Weekendwohnzimmer und Exkinderzimmer
nicht wirklich gut hinein. Defacto war ich beim Frühstück außer von meinem
Unbehagen überhaupt nicht gestört – es ist auch niemand durch die Küche aufs
Klo gegangen. Aber: mir war ziemlich flau, zittrig, fast schlecht: ich weiß
nicht, ob ich den Ärzten, was ihren Medikamentenpantsch betrifft, trauen kann.
Mich haut's fast um, der linke Arm schmerzt und an der linken Hand kann ich die
Finger kaum bewegen und sie spreizen sich wie im Krampf. Ich zittere wie ein
schwerer Alkoholiker vorm ersten Viertelliter Schnaps und beim Herfahren ins
Espresso bringt mich eine gesperrte Rolltreppe fast an den Rand meiner Kräfte,
ich muß durch den Mund atmen und mein Herz rast, als wäre ich ohne
Verschnaufpause den Pleantensattel (wenn Sie's unbedingt „korrekt“ wollen: „Plentensattel“ - aber so spricht es niemand aus) hinaufgestiegen. Meinen übertriebenen
Kaffeekonsum stelle ich auch in Rechnung.
Um als staatlich und gesellschaftlich akzeptierter
Drogenkonsum durchzugehen und die Auswirkung der Medikamente als klandestiner
Drogenrausch, ist jene viel zu bild- und lichtlos. Das bißchen weißes Licht über
der Medikamentenpackung reicht nicht; das bekomme ich so auch hin.
Aber ich muß nicht jammern, auch nicht wegen mangelnden
Geldes: erstens verhungere ich nicht und habe ein Dach über dem Kopf. Und
zweitens: hätte ich halt mehr Bilder verkauft damals (wir leben im
Neoliberalismus; auf Entdecktwerden warten ist in solchen Zeiten dumm) oder
hätte mich bei der Post anstellen lassen, wie sie es mir angeboten hatten – da
hätte ich jetzt eine gute Pension (und
wäre Alkoholiker? Oder wegen sexueller Belästigung rausgeschmissen?)
Endlich! Der Kaffee stabilisiert meinen Kreislauf.
(14./16.5.2019)
©Peter Alois Rumpf
Mai 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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