1313 Gemütliches Gemüse
Nun, es gilt als literarisch unseriös, unwürdig, lästig und
selbstverliebt, einen Text mit der Geschichte seines Entstehens – von der
Anfangsidee an – zu beginnen – genauso wie man eine Predigt nicht mit „wie ich
mich auf diese Predigt vorbereitet habe, da ...“ anfängt – wiewohl diese
Technik dennoch immer wieder – eben nicht bloß als Anfängerfehler oder aus
Nachlässigkeit oder gar als dem Autor verborgene und unbemerkte
Selbstgefälligkeit, wenn nicht Selbstbegeisterung, sondern als bewußt und
gekonnt eingesetzter und erfolgreicher Trick auch von erfahrenen Autoren immer
wieder angewandt wird. Man/frau kann ja mit dem Brechen literarischer,
stilistischer und grammatikalischer Regeln und Gewohnheiten bei den
überraschten und übertölpelten Leserinnen und Lesern so – wenn man/frau es kann
- einen recht eindringlichen Effekt erzielen.
Mir gefällt daran, meine lieben Leserinnen und Leser ein
wenig zu pflanzen, und so tue ich hiemit auch öffentlich kund, daß ich manchmal
in Traum und Schlaf Formulierungen oder Themen suche, oder aus jenen
aufschrecke und mir einfällt: beim Text soundso muß ich diese Stelle so oder so
umschreiben oder dieses und jenes einfügen oder wegstreichen! Oder es reißt
mich ein Geistesblitz auf a la „diese Begebenheit meiner Jugend könnte ich noch
erzählen“ und Ähnliches.
Die Gefahr besteht, daß ich beim nochmaligen Aufwachen nach
dem Weiterschlafen die „Erleuchtung“ - den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf –
vollkommen oder unvollkommen vergessen habe.
Oder wie letztens: ich wache auf mit folgenden Worten (oder
Wörtern?): „gemütliches Gemüse“. Sofort war die Idee da, daraus einen Text zu
machen. Aber welchen? Wieder langsam in den Schlaf zurücksinkend frage ich mich
zunächst: „gut. Gemüse. Wann esse ich Gemüse?“ Dann denke ich mir: „ich könnte
unter dieser Überschrift eines meiner typischen Frühstücke beschreiben!“
Vermutlich deshalb, weil ich mir meistens das Frühstück selber zubereite
inklusive dem bewußten Auswählen, Waschen und Herrichten der Ingredienzien –
kurz gesagt: da fällt mir das Gemüse am stärksten auf.
Immer mehr in Richtung Schlaf gleitend denke ich mir noch
einen starken Einstieg in den Text aus, habe eine Vorstellung, wie ich ihn strukturiere,
weiß, was ich alles erwähnen will und entwickle dazu schon einige lustige vel
(und/oder) gefinkelte, gekonnte Formulierungen, über die kichernd ich mit
meinem Bewußtsein in den Schlaf und parallel dazu die schon gefundenen
Formulierungen in die Vergessenheit sinken.
Also, fast bei Null beginnend: mein übliches Frühstück
schaut so aus:
Kräutertee. Und zwar verwende ich fertige Teemischungen –
früher hatte ich – meinem zwanghaften Hang zu vollständigen (Produkt)Serien
entsprechend – von einer Firma alle möglichen Teemischungen, jetzt, finanziell
eingeschränkt, sind mir nur mehr drei verblieben: Herz/Nerventeemischung,
Leber/Milz und Prostata, letztere so gut wie aufgebraucht.
Ich nehme alsdann eine von den Mischungen und gebe noch eine
ordentliche Brise vom herrlich (nicht fraulich) bitteren Tausendgüldenkraut
dazu, Ginkgoblätter zur Stärkung der Gedächtnisleistung und gegen Alzheimer und
Demenz, dann Brahmi zur Förderung der Gehirndurchblutung und der geistigen
Leistungsfähigkeit – den Leserinnen mag es überlassen bleiben, die Wirksamkeit
dieses Tees zu beurteilen – und manchmal, aber selten, kommen noch Spezialtees
je nach Lust und Laune – wie Gotu Kola (Vitalität, Fruchtbarkeit, Potenz) oder
Calea (Visionen) und ähnliche dazu. Das ist das Getränk.
Das Ge-esse: in der Regel Brot mit viel – das ich als normal
empfinde – oder ganz wenig Butter – je nachdem, ob ich mich gerade von der
Anticolesterinmafia habe erschrecken und einschüchtern lassen – daß eine
industriell zusammengepantschte Margarine (Napoleon III!) gesünder als Butter
sein soll, lasse ich mir nicht einreden! - als Alternative zu Butter verwende
ich auch Hummus.
Dazu meist Käse verschiedenster Art, je nachdem mit in
Scheibchen geschnittenen Knoblauch zwischen Butter und Käse, oder Jungzwiebel,
von denen ich vornehmlich einfach abbeiße, oder bei Feta vel (und/oder)
Schafkäse mit Oliven. Gerne Paprika, Tomaten, Vogerlsalat, Gurken, Karotten,
andere Salate, Kresse – also alle gemütlichen Gemüse, was eben da ist. Dazu
Apfel, seltener Birne – alles roh aufs Brot oder dazugegessen.
Werktags esse ich im Stehen an der Anrichte in der Küche,
auf der auch kleine Schüsseln mit Nußmischungen – mit oder ohne Rosinen –
getrocknete Datteln, getrocknete oder frische Feigen, Sonnenblumenkerne,
Kürbiskerne herumstehen und in die ich auch gerne greife, mir eine handvoll
nehme und in den Mund stopfe. Verschiedene Beeren können das Ganze auch noch
ergänzen. Avokado kommt auch vor. Marmelade kommt selten vor, jedoch beende ich
zur Zeit die Mahlzeit mit einem leckeren (hätte nie gedacht, daß ich dieses
Wort jemals verwenden werde!) Marmeladebrot, weil wir vor kurzem eine köstliche
Kürbismarmelade geschenkt bekommen haben.
Mein Frühstück findet meist zwischen zehn und zwölf a.m.
(ante meridiem; ante mortem wäre vielleicht auch richtig – who knows?) statt
und ist – wie man/frau hier lesen kann, meistens eine frugale Mahlzeit. In der
Regel brauche dann nur mehr eine zweite Mahlzeit am Nachmittag, so vier bis
sechs Uhr p.m.
Vom Tee mach ich mir eine ganze Kanne, gieße nach jeder
meiner zwei entnommenen Tasse wieder auf, lasse ihn eine zeitlang stehen und
seihe ihn ab, indem ich ihn über ein Sieb und einem kleinen Trichter in eine
Karaffe gieße, die ich dann mit hinauf in mein Zimmer nehme, und den Tee im
Laufe des Tages trinke.
(20.4.2019)
©Peter Alois Rumpf
April 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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