Donnerstag, 11. April 2019

1307 Kaka Peter


Manchmal mache ich mir Gedanken und Vorwürfe, daß ich fast täglich am Morgen so um sechs bis sieben Uhr aufwache, dann aber erst um frühestens neun Uhr dreißig aufstehe, oft noch später, das kann sich bis Mittag hinziehen.
Heute jedoch habe ich mir gedacht: nein, das ist für mich so erholsam, zwischen Wachen und Träumen dahinzudösen (die Träume kann ich oft gut erinnern), die schlafende oder schnurrende Katze bei mir, ihre Wärme und ihr Gewicht spürend, von nebenan und von unten (da ich einen Stock höher residiere, ergibt sich das so) höre ich zuerst die üblichen Morgenaktivitäten der Familie (ich würde nur das Badezimmer blockieren und in der engen Küche unten nerven und Hektik und Stress erhöhen) und fühle mich da heroben ein wenig wie ein stiller, aus dem unsichtbaren Geschehen segnender Schutzpatron, das Totemtier der Familie bei mir; dann kommt die Phase der schönen, allererholsamsten Stille (die Tageskinder sind mit ihrer Tagesmutter im Park). Ab halb zehn höre ich sie dann die Stiegen zu unserer Wohnung heraufkommen – redend, singend, schreiend, jauchzend – also lebendig – da werde ich dann richtig wach und manchmal ist das der Zeitpunkt, an dem ich aufstehe und mir nach der Morgentoilette unten in der Küche das Frühstück bereite. Manchmal aber nicht, wie heute, wo ich mit der Katze liegen bleibe, sie streichle, die Dialoge, Spiele, Diskussionen, Verhandlungen, Streitereien der Tageskinder und damit ihre Lebendigkeit mit allem, was dazu gehört, und ihr herzerfrischendes, tapferes, tägliches Wachsen und Entfalten (ja, ja, ich weiß schon: nicht ihre Lernprozesse sind tapfer, sondern die Kinder) mitbekomme und wie ein Hörspielhörer belausche und daran offensichtlich genese. Einerseits. (Da fällt mir erst jetzt auf: zur Zeit testen die Tageskinder „böse“ Wörter aus und so kann es sein, daß, wenn ich hinunterkomme, sie oder einige von ihnen mich mit Begeisterung und schelmisch leuchtenden Augen mit „Kaka Peter!“ begrüßen oder sich untereinander „blödes Arschloch!“ titulieren – das paßt doch ausgezeichnet zum Thema meiner letzten Texte! Ob ich von ihnen lerne und „heimlich“ in meiner Seele mit ihnen mitspiele oder mit wachse?) Das war einerseits.

Andrerseits fühle ich mich wieder wie der segnende Schutzpatron, der versucht, im unsichtbaren, aber tragenden Bereich des Geschehens das Gleichgewicht desselben zu halten und darüber schwebend wohlwollend zu beschützen.

Gut, das klingt einigermaßen nach Größenwahn, wie ich mich da in die Liebe-Gott-Rolle phantasiere und so maßlos meine Kräfte überschätze; aber wer weiß? Vielleicht ist ein Körnchen Wahres daran? Nüchtern betrachtet muß ich mich natürlich fragen, ob meine Seele und mein Geist dafür wirklich rein, lauter und gesund genug sind.

Um das Ganze ordentlich zu entmystifizieren und meiner Selbsterhöhung den Aufschwung abzudrehen sei prosaisch angemerkt, daß es irgendwann und unweigerlich der Harndrang ist, der mich aus dem Bett treibt.

Ja und diese Morgenphase ist - für meine regelmäßigen Leserinnen verständlich - natürlich die Entstehungszeit der meisten meiner Texte und somit etwas wie klandestine Arbeitszeit. (Sorry! Ich liebe halt schräge und abseitige Wörter, hier aus dem Kirchenrecht; genauerhin: dem kirchlichen Eherecht. So führten zum Beispiel Kaiser Franz Joseph und Katharina Schratt eine kirchenrechtlich einwandfreie klandestine Ehe.)

Aber die Tatsache der klandestinen Arbeitszeit scheint offensichtlich auch meiner seit ihrem Anbeginn an irritierten Seele verborgen geblieben zu sein.










(11.4.2019)











©Peter Alois Rumpf  April 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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