1301 Sozusagen Lebenshilfe
Welchen Tag haben wir? Von unten höre ich … lachen? Weinen?
Ich kann es nicht recht unterscheiden. Ich bin gerade von einem Mittagsschlaf
erwacht und soetwas nicht gewohnt. Ich war zu Mittag plötzlich so müde ...
Lachen, es ist Lachen. Ich schätze, es ist so um drei Uhr Nachmittag, von den
Geräuschen her, so gut kenne ich mich schon noch aus, trotz der Verwirrung.
Meine Katze kommt – sie merkt genau, wann ich wach werde,
auch wenn sie in einem anderen Raum schläft – sie kann vom Streicheln nur
selten genug bekommen. „Mein Realitätsprinzip“, wie ich sie manchmal heimlich
bei mir nenne. Jetzt habe ich es ihr gegenüber leise, aber offen ausgesprochen.
Donnerstag. Heute ist Donnerstag.
Ich merke, es ist das Gatter zur Depression gerade weit
offen, aber ich versuche wachsam zu bleiben und dieser Versuchung zu
widerstehen (die daherkommt so a la: „jetzt liegst du auch schon nachmittags
nutzlos im Bett herum! Das ist kein anständiges Leben! Das ist feig und ziemt
einem aufrechten Mann nicht! Und wenn du nicht aufrecht bist und nichts
darstellst, dann brauchst du die Welt nicht länger mit deiner schmarotzerischen
Anwesenheit belästigen.)
Zwar kann ich das nicht widerlegen, aber ich steige nicht
darauf ein.
Naja, ich möchte ein Urteil sub specie aeternitatis, und
bevor mich die nicht zum Gerichtstermin bestellen, gehe ich nicht hin.
(Manchmal werde ich an dieser Stelle schon zornig und beschimpfe das jüngste
Gericht vorsorglich – allerdings erwarte ich, daß die viel Humor haben – sie
haben ja genug Erfahrung mit der menschlichen Idiotie.)
Heute werde ich nicht zornig und habe auch keinen Grund
dafür. (Obwohl ich immer noch fest davon überzeugt bin, daß einmal mein Zorn
„drüben“ meinen schon eingesetzten Sterbeprozeß abgestoppt hat – indem ich die
dort angeschrien habe, habe ich – durch meinen Zornausbruch wieder
„zusammengerüttelt“ - meine Auflösung beendet und die Richtung wieder auf
„retour“ umstellen können. Ja, ich weiß, das klingt ziemlich unglaubwürdig, und
es gibt auch keine äußeren Zeugen oder Bestätiger dafür.)
So hocke/liege ich da und döse mich langsam in die Gegenwart
zurück, unterstützt von der Katze, ihrem Schnurren und dem Kontakt meines
linken Armes mit ihrem weichen, realen Fell respektive mit ihrem warmen,
kleinen, atmenden Körper. Lebenshilfe sozusagen. Oder Workshop in Genießen.
(4.4.2019)
©Peter Alois Rumpf
April 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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