1101 So
So! Ich lege die Zeitungen weg, nachdem ich den Standard,
der von meinem Vorleser völlig verblättert und durcheinander war, geordnet
habe, richte mich auf und schaue herum. Ein Schauder läuft mir über meinen
Rücken, links redet eine elegante Dame recht Ostmittelbairisch – das ist nöisch
– mit Wiener Einsprengsel, rechts ißt ein Deutscher. (Kleines Detail am Rande:
dieser Gast und die deutsche Kellnerin haben beide die Speise als „Eierspeis“
bezeichnet! 1:0 für Österreich!)
Mein neuerlicher Schauder bringt ein paar Gramm Transzendenz
ins Lokal. Die Leere vor mir - weil die meisten draußen im Schanigarten sitzen
– verstärkt diesen Effekt. Irgendeine unerkannte Bedeutung sickert und
diffundiert durch die Wände, die Wände der Realitätsgrenze, die mir in meiner
Bildsüchtigkeit und Metapherngeilheit mit den schönen, blauen Wänden des Lokals
zusammenfallen. Daß die Kellnerin nicht gleich dazugekommen ist, die
Musikanlage mit Nachschub zu füttern, hat diesen Transzendenzeffekt durch die
eingetretene Stille nochmals verstärkt. Aufgefallen ist es mir erst, als die
Anlage wieder zu swingen begonnen hat.
Oh! Das Leben ist so schön! So komplex! So vielschichtig! So
geheimnisvoll! So spannend! So reich! So bunt! So überraschend! So
hintergründig! So atemberaubend! So klar! So dicht! So voll! So still! So
klangvoll! So undurchschaubar! So sprechend! So mitteilsam! So … erheischend!
Für manche so leicht! Für manche so schwer!
So fröhlich! So traurig! So … einfach so!
So nährend! So elegant angezogen! So nackt! So herrlich! So
fraulich! Und wieder einer meiner geliebten Schauder. In diesem Sinne: so
Schauder-voll!
So jung! So kraftvoll! So zart!
….......
(13.9.2018)
©Peter
Alois Rumpf September 2018
peteraloisrumpf@gmail.com
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