Mittwoch, 26. Juli 2017

708 „Brannte nicht unser Herz ...“

(Flaute. Im Nichts hängengeblieben. Aber nicht im leeren Nichts, wo dann alles freigeräumt ist, sodaß das Eigentliche auftauchen kann. Nein, in einem beziehungslosen, dumpfen Nichts. Vollgeräumt, aber nichts hat Sinn und Bedeutung. Lustlosigkeit, auch die leidenschaftslos.)


Ich habe mich zum Schreiben bereit gemacht, aber es kommt nichts. Versiegt. Die Lust daran ist verloren gegangen. Meine Schublade (www.dieschublade.at) funktioniert seit drei Wochen nicht mehr – wahrscheinlich ist das der aktuelle Grund für die Lustlosigkeit. Ich habe immer gesagt: ich bin nicht der Typ, der für die Schreibtischlade schreibt; ich brauche meine Auftritte. Das scheint sich zu bestätigen, denn ohne die Möglichkeit, meine Texte wenigstens auf die Internetseite zu stellen, habe ich allmählich den Faden verloren.
Vielleicht brauch ich diese kleine, bescheidene Aufregung: kann ich das schreiben? Wird es jemand lesen? (die Chance besteht dann ja.) Wird es gehört und ankommen? Und so weiter. Bei manchen Texten, wo ich mich oder meine Mitmenschen sehr preisgegeben habe, war meine Aufregung, meine Angst sogar sehr groß: darf ich das erzählen? Wird man/frau über mich herfallen? Mich verachten? Anfeinden? Werde ich mich lächerlich machen? Wie ist das für meine Kinder? Und so weiter.

Ich empfinde mich als einen verstummten Menschen, der nirgends etwas zu sagen hat. Obwohl ich manchmal viel rede, geschwätzig bin, aber das zählt nicht, weil ich in solchen sozialen Gesprächen nur wenig von mir mitteilen kann. Das Schreiben und das Geschriebene im Internet zu veröffentlichen – ohne sich mit Verlagen, Lektoren und der eigenen Mutlosigkeit, dort hin zu gehen, herumschlagen zu müssen – war meine letzte Möglichkeit zu „reden“.

Ich habe das Gefühl, daß ich schon seit Jahrtausenden mit niemandem gesprochen habe, dessen Herz für die gleiche Sache brennt. (Vergleiche dazu Lk 24, 32. „Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloß?“ - abgesehen davon, daß bei mir eher andere Schriften im Vordergrund stehen.) (Exakt nachrechnen tue ich jetzt nicht; wieviele Jahre es wirklich waren und ob diese Durststrecke irgendwann für ein paar Sekunden unterbrochen wurde.) Vielleicht habe ich mich überhaupt noch nie wirklich mitteilen können. Meine Texte waren nichts anderes als vorsichtig formulierte Flaschenpost aus dieser Verstummtheit heraus.

Auch wenn nicht viele Flaschen angekommen sein mögen, aber ab und zu doch! Und wichtig auch: die Chance bleibt aufrecht. Aber nur solange die Texte im Internet verfügbar sind. Ich hatte mit schon öfters überlegt, wie ich das anstellen kann, daß diese Seite mit den Texten nach meinem Tod weiterbesteht. Man kann das (und soll es vielleicht sogar) natürlich auch den Göttern überlassen, daß sie das einfädeln, wenn sie meine Texte für wertvoll genug erachten (Auweh!). So streng sind sie möglicherweise gar nicht, wenn man bedenkt, was alles an Geschriebenem auf uns gekommen ist.

Was soll's. Ein schaler Nachgeschmack bleibt.






(28./29./30.5.2017)







©Peter Alois Rumpf    Mai 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite