708 „Brannte nicht unser Herz ...“
(Flaute. Im Nichts hängengeblieben. Aber nicht im leeren
Nichts, wo dann alles freigeräumt ist, sodaß das Eigentliche auftauchen kann.
Nein, in einem beziehungslosen, dumpfen Nichts. Vollgeräumt, aber nichts hat
Sinn und Bedeutung. Lustlosigkeit, auch die leidenschaftslos.)
Ich habe mich zum Schreiben bereit gemacht, aber es kommt
nichts. Versiegt. Die Lust daran ist verloren gegangen. Meine Schublade (www.dieschublade.at) funktioniert seit
drei Wochen nicht mehr – wahrscheinlich ist das der aktuelle Grund für die
Lustlosigkeit. Ich habe immer gesagt: ich bin nicht der Typ, der für die
Schreibtischlade schreibt; ich brauche meine Auftritte. Das scheint sich zu
bestätigen, denn ohne die Möglichkeit, meine Texte wenigstens auf die
Internetseite zu stellen, habe ich allmählich den Faden verloren.
Vielleicht brauch ich diese kleine, bescheidene Aufregung: kann
ich das schreiben? Wird es jemand lesen? (die Chance besteht dann ja.) Wird es
gehört und ankommen? Und so weiter. Bei manchen Texten, wo ich mich oder meine
Mitmenschen sehr preisgegeben habe, war meine Aufregung, meine Angst sogar sehr
groß: darf ich das erzählen? Wird man/frau über mich herfallen? Mich verachten?
Anfeinden? Werde ich mich lächerlich machen? Wie ist das für meine Kinder? Und
so weiter.
Ich empfinde mich als einen verstummten Menschen, der
nirgends etwas zu sagen hat. Obwohl ich manchmal viel rede, geschwätzig bin,
aber das zählt nicht, weil ich in solchen sozialen Gesprächen nur wenig von mir
mitteilen kann. Das Schreiben und das Geschriebene im Internet zu
veröffentlichen – ohne sich mit Verlagen, Lektoren und der eigenen Mutlosigkeit,
dort hin zu gehen, herumschlagen zu müssen – war meine letzte Möglichkeit zu
„reden“.
Ich habe das Gefühl, daß ich schon seit Jahrtausenden mit
niemandem gesprochen habe, dessen Herz für die gleiche Sache brennt.
(Vergleiche dazu Lk 24, 32. „Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser
Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift
erschloß?“ - abgesehen davon, daß bei mir eher andere Schriften im Vordergrund
stehen.) (Exakt nachrechnen tue ich jetzt nicht; wieviele Jahre es wirklich
waren und ob diese Durststrecke irgendwann für ein paar Sekunden unterbrochen
wurde.) Vielleicht habe ich mich überhaupt noch nie wirklich mitteilen können.
Meine Texte waren nichts anderes als vorsichtig formulierte Flaschenpost aus dieser
Verstummtheit heraus.
Auch wenn nicht viele Flaschen angekommen sein mögen, aber
ab und zu doch! Und wichtig auch: die Chance bleibt aufrecht. Aber nur solange
die Texte im Internet verfügbar sind. Ich hatte mit schon öfters überlegt, wie
ich das anstellen kann, daß diese Seite mit den Texten nach meinem Tod
weiterbesteht. Man kann das (und soll es vielleicht sogar) natürlich auch den
Göttern überlassen, daß sie das einfädeln, wenn sie meine Texte für wertvoll
genug erachten (Auweh!). So streng sind sie möglicherweise gar nicht, wenn man
bedenkt, was alles an Geschriebenem auf uns gekommen ist.
Was soll's. Ein schaler Nachgeschmack bleibt.
(28./29./30.5.2017)
©Peter Alois Rumpf
Mai 2017
peteraloisrumpf@gmail.com
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