693 Unser Drucker spinnt
Unser Drucker spinnt. Schon seit Monaten. Lange habe ich
nichts gemacht. Ich kenne mich in den Dingen der Welt nicht aus; ich kenne die
Fachbegriffe nicht, alles, was mit Technik zu tun hat – besonders die modernere
Technologie – ist mir fremd. (So denke ich – ich glaube, es gibt auch andere
Erfahrungen, die jedoch gegen mein Versagergefühl nicht ankommen. Angeblich
braucht es mindestens siebzehn positive Erfahrungen, um eine negative
Erfahrung aufheben oder ausgleichen zu können. Das war für das Überleben der
Menschheit überlebenswichtig, daß Gefahren, erfahrene Gefährdungen,
Verletzungen etcetera mehr Aufmerksamkeit erhalten und besser erinnert werden.
Daß sie stärker eingebrannt sind. Gilt leider auch für soziale Verletzungen,
Bloßstellungen und Zuschreibungen wie „du bist für nichts zu gebrauchen!“)
Eitelkeit könnte auch eine Rolle spielen, daß ich so
überhaupt keine Lust und keine Energie habe, mich wiedereinmal als ahnungsloser
Trottel zu präsentieren.
Und dann die Frage: wohin mit dem hinnigen Drucker, der nur
mehr herumschmiert?
Vor Monaten habe ich es dann doch geschafft, nachdem ich
zufällig an einem Geschäft vorbeigekommen bin, wo etwas von Druckerreparaturen
drauf gestanden ist.
Ich packe also den Drucker in unser Einkaufswagerl und ziehe
damit zum Geschäft. Beim erstenmal hängt eine Notiz an der Eingangstür, daß
heute nicht erst um 15 Uhr, sondern schon um 12 Uhr Geschäftsschluß ist. Ich
war zu spät. Ich weiß schon, EinzelunternehmerInnen haben es nicht leicht.
Beim zweitenmal klappt es. Ich bitte, mir ungefähr die zu
erwartenden Kosten zu nennen. Die sind nur knapp unter denen für einen neuen
Drucker dieses Modells. Lieber reparieren als wegschmeißen. Ich gehe den Handel
ein.
Nach einiger Zeit kann ich das Gerät abholen. Es schmiert
nicht mehr, aber der Einzug funktioniert nicht richtig. Dauernd muß ich die
Papierlade aufmachen, weil das Papier steckenbleibt. Rausziehen, Lade zu – mir
ordentlichem Schwung und Knall – dann geht es meistens; bis zum nächsten oder
übernächsten Blatt. Manchmal – aber sehr selten - laufen auch fünf Blätter
problemlos durch. Manchmal muß ich jedem einzelnen Blatt nachhelfen. Nein,
nicht schon wieder! denke ich mir. Außerdem wird die Farbe immer schwächer. Das
eine oder andere habe ich schon mühsam ausgedruckt, aber …
Wieder schaffe ich es Wochen, Monate nicht, zu reklamieren,
daß der Drucker nicht funktioniert. Als ich endlich so weit bin, finde ich die
Rechnung nicht mehr. Es ist eh schon viel zu spät für eine Reklamation, denke
ich mir. Nur ist es mir ein Rätsel, wo ich die Rechnung hingegeben habe;
eigentlich gibt es bei mir dafür nur zwei Orte. Vielleicht hatte ich mir gerade
eine neues Ablagesystem ausgedacht und wieder vergessen. (Cannabis soll
angeblich gegen Altersvergeßlichkeit helfen. Vielleicht gebe ich meine radikale
Abstinenz aller Drogen doch noch auf und schwenke doch noch einmal um.) Aber
egal, es ist sowieso meine schwere Resignation, die das stärkste Hindernis zum
Handeln darstellt.
Weil ich nie weiß, wann das Geschäft offen hat, gehe ich hin
und hole mir die Telephonnummer. Und heute bin ich soweit, ich rufe an, ja,
offen. Ich packe den Drucker in das Einkaufswagerl (drei Räderpaare! Die sind
wiederum um eine drehbare Achse angeordnet, sodaß man das Gefährt relativ
leicht die Stiegen hochziehen kann, weil bei jeder einzelnen Stufe oben gleich
das nächste Räderpaar greift und die Generalachse sich so weiterdreht, daß das
Gefährt dann gleich auf diesem Räderpaar weiterfährt) und mache mich auf den
Weg.
Ich lege mir zurecht, was ich sagen werde. Ich werde sagen:
„Hier bringe ich meinen Drucker. Ich habe ihn schon vor einiger Zeit hier
reparieren lassen, aber der Einzug hat nie richtig funktioniert. Außerdem brauchen
wir [der Drucker und ich;
Anmerkung des Schreibers]
eine neue Tintenfüllung. Ich weiß, für eine Reklamation ist es zu spät, aber –
bitte! - schauen Sie, daß es diesmal funktioniert! Ich werde nach dieser
Reparatur mehr Geld ausgegeben habe, als ein neues Gerät gekostet hätte, aber
gut, reparieren ist besser als wegwerfen. Ich möchte nur noch sagen: ich habe
keinen Geldscheißer; ich verdiene auch nur zwischen 750 und 800 Euro im Monat;
wenn's hochkommt sind's 850. Die Kosten für so eine Reparatur sind für mich
nicht unerheblich. Bitte, sorgen Sie diesmal wirklich dafür, daß das Gerät
funktioniert und überprüfen Sie es, bevor Sie es mir zurückgeben.“
Gesagt habe ich: „Da bringe ich jetzt meinen Drucker; der
Einzug funktioniert nicht richtig“ - auf Nachfrage schildere ich das Ganze
genauer - „und außerdem muß die Tinte nachgefüllt werden.“ „Das heißt hier
Tuner!“ „Ah, achso!“ „Voraussichtlich übermorgen.“ „Aha, übermorgen kann ich
ihn abholen. Gut. Einen schönen Tag wünsch ich Ihnen noch! Auf Wiedersehen.“
(9.5.2017)
©Peter Alois
Rumpf Mai 2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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