623 Ich warte auf die Eingebung
Ich hocke wie fast jeden Morgen da und warte auf die
Eingebung; auf den ersten Satz, der den gesamten Text eröffnet, indem er die
Schreibsperre aufschließt. Dieser Satz ist es nicht, denn das habe ich schon
oft beschrieben.
Mein Magen knurrt. Frühstück gibt es erst in zirka drei
Stunden.
Fast alles wie immer: Surren, Wecker, das Eingehüllt-Sein in
diese schlafgetränkte, weiche, unsichtbare Substanz. Anders als sonst: der
ungewöhnliche Druck in den Ohren und draußen das stoßweise Aufheulen des Windes
und das damit einhergehende Geklapper der zu lose sitzenden Fensterflügel.
Ständig knurrt und arbeitet der Magen. Jetzt regnet es. Ich
Würfelhocker kippe immer mehr nach links, sozusagen dem Licht zu. Dem Licht der
Leselampe. Dabei fallen mir die Augen zu. Bei geschlossenen Augen sehe ich
einen dunklen Abgrund, ein finsteres, schwarzes Loch in der Mitte meines
Inneren, das alles verschlingen will.
Jetzt sehe ich eine flache, ornamental gezeichnete
Unterwasserlandschaft, nicht tief unter dem Wasserspiegel, nur so einen Meter,
die sich schnell wieder verflüchtigt und dahinter dunkle Ebenen preisgibt.
So, jetzt, nachdem ich in ein wirres Gedankenkarussell
geraten war, dem ich denkend, ordnend, schreibend nicht nachgekommen bin, jetzt
also hat sich der Kokon geöffnet, hinter dem Rollo strahlt eine Säule echten
Tageslichtes hervor, jetzt ist der richtige Moment zum Aufstehen.
(10.3.2017)
©Peter Alois Rumpf März
2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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