311 Zittern und Ziehen
Auf Bahnhöfen herumgeirrt, wieder dabei, den Anschluß zu
verpassen. Die Haut juckt an der Innenseite der Oberschenkel und brennt, weil
ich gekratzt habe. Eine kleine, unverstandene Wunde an der linken Hand.
Eine neue Seite aufgeschlagen, wo alles noch frei ist.
Jedoch auch mein Inneres ist leer, oder mein Rationalsystem nicht
artikulationsbereit.
Ein leichtes, kaum merkliches Zittern in meiner Körpermitte
zieht sich herauf bis ans Herz und dehnt sich dann aus bis in die Hände. Eine
Pattsituation zwischen Was-weiß-ich-welchen-Kräften.
Wegen eines lächerlichen Tellergeklappers in der Küche gehen
leichte Schockwellen durch mich hindurch. Oder wer oder was immer das ist, das
daliegt. Das Surren hält wieder den Raum zwischen den Ohren besetzt, und klingt
wie ein akustisches Zittern.
Ein unbekannter Herr Pointner fällt mir ein, der skeptisch
bleibt und alles auf den Punkt bringen will. Hier gibt es ganz wenige Entscheidungsträger.
Eine unsichtbare Säule aus Glanz legt sich auf mich als
Frau, das innere Zittern verstärkend. Der Rote Zettel fällt mir ein und daß ich
etwas mißverständliches, fragwürdiges geschrieben hatte. Was hat es nur mit
diesem Zittern auf sich?! Ein Energieschub aus dem Weltall? Ein Ziehen
umschließt meinen Mund und ein anderes zieht sich die Rückseite der
Oberschenkel rauf und runter. Ah!, meine persönliche Geschichte will
rekapituliert werden; doch dafür habe ich den Mut verloren, keine Kraft. Das ist
sehr traurig, aber wahr.
Die Vibrationen von Katzenschnurren drängen abwechselnd links
und rechts an mein zitterndes Wahrnehmungsfeld, weil die Katze ständig hin und
her läuft. Der verlorene Fisch wird es mir heimzahlen. Irgendwer spielt
Schachtelschach. Wie komm ich überhaupt da her? Angespritzt werden aus dem
Weltall. (Es ist ein übler Trick, nur jeden fünften Satz aufzuschreiben, aber
die Kraft reicht nicht für jeden einzelnen Satz.)
Der Wärter am anderen Ende des Tunnels ist schon per Funk
verständigt, aber nicht von mir, von anderen Kräften, er soll mich an irgendwas
hindern.
Ein leichter, konkret-abstrakter Schmerz (das heißt, er war
deutlich spür-, jedoch nur undeutlich lokalisierbar) und eine Welle aus den
Weltall ziehen und drücken mich zusammen. Ich muß wieder an des Blutgerinsel im
Kopf der Hirnforscherin denken und an meinen häufigen stechenden Schmerz an der
linken Schläfe vor einigen Jahren. Ich glaube, ich höre jetzt einfach auf und
strecke meine Glieder. Ein goldenes, edelsteingeschmücktes Ding schwebt kurz
vor meinem inneren Auge (mein Herz klopft plötzlich wie wild), es bewegt sich
langsam von mir weg.
Jetzt fällt mir wie in einem Filmriss das Notizbuch aus der
Hand.
Jetzt spüre ich vor allem mein Oberkiefer.
©Peter
Alois Rumpf März
2016
peteraloisrumpf@gmail.com
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