3961 Abschreiten
15:07. Im Hinterzimmer. Und vom zweiten Cappuccino voll aufgedreht. Heute ist Donnerstag. Ich muß es mir vorsagen. Die zweite Schnitte, die zum Kaffee gereicht wird, esse ich nicht (so viel Zucker vertrag’ und mag ich nicht). Blau-schwarz ist geplatzt. Gott oder wem oder was auch immer sei Dank, auch wenn wir nicht wissen, was nachher kommt. Mein Geist will schon wieder ins Phantasieren ausbüchsen. Ich mache mir Sorgen, dass meine Reservierung für übernächsten Montag hier, am Fensterplatz, nicht halten wird. Mein Gott oder wer oder was auch immer! Bin ich mißtrauisch! Ich rechne immer damit, dass man mich vergißt. Jetzt assoziiere ich vergießt, finde damit jedoch auch nicht weiter im Text. Macht nichts, alle Wege führen nach wohin auch immer. Eine sich leidenschaftlich gebende, vermutlich südöstliche Frau schlägt nebenan zur Bestärkung ihrer Aussage, die ich nicht verstehen kann, mit beiden Händen flach auf den Kaffeehaustisch. Soll ich noch ins mumok zu Medardo Rosso, bevor die Ausstellung aus ist? Mir kommt vor, es dämmert schon und das treibt mich nach Hause. Außerdem sollte ich die Küchenarbeit erledigen und meine angestauten Texte eintippen. Vielleicht schaffe ich es doch. Abends wäre noch eine interessante Buchpräsentation (Richard Schuberth). Den Medardo-Rosso-Katalog zu erwerben, wäre auch eine Option und dafür bin ich bereit, meine finanziellen Möglichkeiten zu überschreiten – wenn auch mit schlechtem Gewissen meiner Frau gegenüber; neues Bettzeug wäre auch dringend. Scheiß drauf! Ich fahre ins mumok.
16:01. Ich bin im mumok und bin die Zeichnungen wieder abgeschritten. Meine zwei Cappuccini vorhin haben mich völlig aufgedreht. Mich hebt es fast aus; ich bin hysterisch (obwohl ich keine Gebärmutter habe), meine Handschrift ist übergroß, ich bin wie in Trance realitätsverlustig (deine Wortschöpfungen sind nicht immer lustig, nicht immer witzig – der innere Spötter); so bin ich den Weg hierher völlig umständlich und konfus gegangen und gefahren: vom Espresso Burggasse zurück zur Neubaugasse, diese hinauf bis zur Mahü (Mariahilfer Straße), zur Station der U3 stadteinwärts, mit dieser zum Volkstheater; das hätte ich einfacher mit dem Bus die Burggasse hinunter haben können; und bei der U3 bin ich völlig kontraproduktiv in Verwechslung mit der U2-Haltestelle den Zug ganz nach vor gegangen, obwohl der Aufgang zum mumok vom Zugende aus am kürzesten zu erreichen ist. Gut, ich habe wieder einmal, wenn auch nur kurz, zu den Lemden-Mosaiken aufgeschaut.
Ich bin so konfus - meine Augen spielen mir Streiche – und völlig derangiert und völlig verschwitzt, ich fürchte, dass ich schon stinke. Aber dieser weltfremde und tranceartige Zustand ist genau der richtige, um die Vernunft überwinden zu können und mir den Medardo-Rosso-Katalog zu kaufen, denn die Zeichnungen erfreuen meine Seele und ich pfeife auf den Kontostand. Ich werde hinuntergehen und den Katalog durchblättern, ob wirklich alle ausgestellten Zeichnungen abgebildet sind (dafür ist die Vernunft wieder gut! - der innere Spötter). Und beim Abgang werde ich nochmals die Zeichnungen abschreiten.
(13.2.2025)
©Peter Alois Rumpf Februar 2025 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite