3904 „Freundlich genug!“
10:32 a.m. Und schon bin ich im Espresso Burggasse zum Frühstück. Die Musik ist angenehm (soulig mit jazziger Unterlegung). Die Kerzen in den Gläsern flackern manchmal. Ich reibe meine Hände, ich weiß nicht, ob vor Kälte, Vergnügen oder Posiererei, aber das macht nichts: das Breakfast d’anglais wird serviert.
11:20 a.m. Satt und milieuglücklich sitze ich da und zwinkere verhalten einem Baby zu, das sich mit seinen Eltern soeben am Nebentisch gesetzt hat. Da schau her! Die MA 48 (Magistratsabteilung Straßenreinigung und Müllabfuhr) pausiert auch da herinnen an der Bar (dort habe ich meinen Zivildienst gemacht. Ich meine bei der MA 48, nicht an der Bar). Im Spiegel gegenüber hängen die Jacken als seitenverkehrte Abbilder. Bei mir herrscht im Moment eine geistige Flaute. Aus Verlegenheit schreibe ich Schuhservice von einem beleuchtbaren Geschäftsschild, das auf der anderen Straßenseite 90° von der Hausmauer absteht, ab. Dass es gegenüber auch ein armenisches Restaurant gibt, fällt mir zum ersten Mal auf. Ein Niesanfall zwingt mich zu einer Unterbrechung der Suche nach brauchbaren Sätzen; oder angenehmen Wörtern (geht Schuhservice eigentlich? - der innere Spötter). Meine linke Hand liegt erstaunlich elegant auf dem aufgeschlagenen Notizbuch; fast so elegant und schön wie in der Ikonenmalerei – ihr wißt schon: diese delikate Fingerstellung der schlanken Hand, die so eine sensible Feinheit und spirituelle Tiefe verspricht (und auch halten kann? - der innere Spötter).
„Freundlich genug!“ sagt der Chef des Hauses, als ihm das Baby nebenan von seinen Eltern, die er offensichtlich kennt, gezeigt wird mit der Bemerkung, dass es jetzt gerade nicht so freundlich drauf ist. Eine wunderbare Feststellung! Eine großartige Aussage! Ich schaue nun wieder aus dem Fenster und den Autos beim Vorbeiziehen (sie wirken wirklich wie aufgezogen) und den Fußgängern beim Vorbeiwandern zu. Es wird mir schon etwas lang hier, aber ich bleibe, denn ich bin mit einer meiner Töchter verabredet, und bin jedoch viel früher schon zum Frühstück gekommen, weil zu Hause keine Brotrinde da ist, aber die Kontrolleurin der MA 11. Die Pflanzen draußen im Gastgarten zwischen Trottoir und Fahrbahn muß ich noch erwähnen: die Platane, aber auch viele der Sträucher haben noch erstaunlich viele gelbe, aber auch grüne Blätter.
(12.12.2024)
©Peter Alois Rumpf Dezember 2024 peteraloisrumpf@gmail.com
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