Montag, 13. Mai 2024

3660 Sommerloch

 



14:15. Erschöpft von ich-weiß-nicht-was und von der vorgewittrigen Wetterstimmung niedergedrückt habe ich mich im feudalen Hotelzimmer aufs Bett gelegt, mich nach links gedreht und betrachte in zentaurischer Embryostellung – will sagen: ein Bein angezogen, eines ausgestreckt – die dunkelbraunen Beine des Tisches, der vier Stühle dort drüben in der Ecke und des kleinen Wandtischchens dahinter, wie sie in den hellbraunen Parkettboden stechen, so stark, dass sie sich in dessen Glanz in vershatteter Entfremdung spiegeln. Mit all den Schatten- und Lichtflächen und -flecken eine ziemliche Ansammlung physikalischer Erscheinungen von unterschiedlicher Dichte und Intensität. Freilich spricht auch so ein fremdprogrammierter Trottel in mir: du bist hergefahren, um draußen im Grünen und Freien zu sein, auch wenn die Sonne sticht; du sollst draußen herumhüpfen, Fußball spielen, sporteln und dich cool im Gemenge behaupten, aber ich weiß: allein – noch dazu bei offenem Fenster – in diesem großzügigen Raum zu sein, macht etwas mit mir und meinem Lebensgefühl. Ich lerne etwas dabei. So beruhige ich mich und lasse mich nicht hinaus jagen.

Beim offenen Fenster kommen die typischen ländlichen Nachmittagsgeräusche des Sommers herein: Vogelgezwitscher, das Jaulen des Autoverkehrs, landwirtschaftlicher Arbeitslärm, durch eine gewisse Entfernung moderater Baulärm, möglicherweise auch das Aufprallen von Holz auf Holz, unverständliche Gesprächsfetzen vornehmlich weiblicher Stimmen, Rasenmäher. Mein Geist scheint mit der Aufrechterhaltung einer Minimalidentität ziemlich angestrengt zu sein, meine Seele ist zu müde und will nicht so recht mitmachen.


(10.5.2024)


©Peter Alois Rumpf Mai 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite