Montag, 13. Mai 2024

3658 Nebel

 



5:02 a.m. Der Nebel ist an die drei großen Fenster als weiße Masse herangerückt, und mir ist angst und bange, weil ich von meiner Kellerwohnung geträumt habe, die so nur in meinen Träumen existiert hat und wo ich als Träumender unzählige Male war, aber die ich nun verloren zu haben scheine. Dieser Verlust erschüttert mich jetzt, obwohl ich die Wohnung jahrelang vernachlässigt habe. Es ist nichts mehr da. Kaum kann ich die Wirklichkeit hier im Wachen glauben, als wäre sie der Traum und die Kellerwelt die echte. Mir sitzt ein Knoten im Bauch, von dem Panikimpulse ausgehen. Ich blicke auf den Nebel hinter den drei Fenstern, auf die feierlich gebundenen Vorhänge, auf den großen, feudalen Raum und kann das nicht glauben. Ich habe doch dort in der anderen Welt etwas zu erledigen, muß mich dort doch um meine Existenz und meine Unterkunft kümmern! Meine aufgescheuchte Seele beruhigt sich nicht, den Frieden hier nimmt sie kaum wahr. Ungläubig blicke ich auf die undeutlich erkennbaren Bilder im dämmrigen Hotelzimmer. Ich seufze auf wie ein Kind nach einem Heulkrampf, aber auch das hilft mir nicht aus meiner Angst und bringt mir keine wirkliche Erleichterung. Wie kann ich meinen wirklichen Standort drüben so vergessen haben? Dabei sollte es doch ganz einfach sein, mir zu sagen: ich bin doch hier in dieser Welt, die durch tausende, nein: Millionen Artikel, Photos, wissenschaftliche Untersuchungen, Dokumente, Zeugenaussagen und weiß der Teufel was noch alles dokumentiert, bewiesen und belegt ist, aber meine Seel zögert, diese (sic!) Welt zu glauben. Sie kann ihr nicht vertrauen. Ich weiß, dass ihr in zwanzig Minuten oder ein wenig länger nichts anderes übrig bleiben wird; spätestens in drei Stunden beim Frühstück ist sie d’accord. Bis dahin muß ich halt zittern.

Inzwischen schimmert von weit draußen schon die Morgenröte zaghaft in den Nebel, der stellenweise bereits dünner zu werden scheint.


(10.5.2023)


©Peter Alois Rumpf Mai 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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