Mittwoch, 31. Mai 2023

3224 Ich sitze am Rande

 



Ich sitze am Rande, gefühlt aber mitten auf einer lebhaften Straßenkreuzung mit Baustelle, Straßenbahn und allem Drum und Dran. Ein zusammengesackter Mann – mindestens so gekrümmt wie ich – geht vorbei. Eine Frau mit Sonnenkappe steht ratlos herum und geht dann langsam ab. Gegenüber der gut besuchte Schanigarten eines Gasthauses. Mittagszeit. Ein furchtbar aufgeregt mit belegt kratzigem Stimmchen laut kläffendes Miniaturhündlein. Mann mit „Mongolenfrisur“ – will sagen: Kopf geschoren bis auf ein Büschel Schwanzerl oben. Polizei fährt vorbei. Der Baustellenlärm hämmert mir an die Schläfen. Eine junge Frau macht ganz konzentriert ein Selfie. Es ist Sommer. Viele unbeschriebene Leute durchqueren mein Gesichtsfeld, ohne zu wissen, dass es mir gehört. In weiterem Abstand, die Gasse hinunter, geht ein Mann bei der Mathematik die Treppen hinunter. Ein wenig verweile ich noch, dann werde ich die Gasse hinaufgehen und den Berg ersteigen - zu meiner Freude. Auch falls ich Weibern auf den Hintern gaffe: ich glaube nicht, dass Sexualität das menschliche Zentralmotiv ist. Ich wechsle den Standort.

Am Weg bin ich vor Aufregung (warum?) an meinen Lieblingsauslagen einfach vorbeigegangen, ohne sie zu bemerken. Aber nun sitz ich im Park und schaue auf einen Springbrunnen. Wenn der nicht ordentlich und hoch springt, hat er auch etwas … hm … Lächerliches. Aber das Plätschern tut der Seele gut. Die Form des Springbrunnens ist auch unglaublich fad. Da wäre viel mehr drinnen: interessantere Wasserverläufe – so dauert es viel zu lange, Jahrhunderte, bis das Wasser die spießbürgerliche Küchenform des Springbrunnenaufbaus zurechtgewaschen hat und der Anblick ansehnlicher geworden ist. Trotzdem kommt mir vor, hier bei den Universitätsinstituten ist das Wissen breiter gestreut, der Blickwinkel größer. Kommt mir von außen vor. Ein hellgrünes Blatt stolpert windgetrieben auf mich zu und bleibt dann an einem gelben Blatt hängen. Ein wahrlich dicker Mann in Anzug mit Ellbogenleder wälzt sich durch den Wiesenpfad und telephoniert dabei. Ich fange auch schon mit dem Handygaffen an! Vielleicht sollte ich herumgehen. Zwischen Romanistik und Anglistik, Hof 8, halte ich mich auf. Ich soll weitergehen (sagt wer?). Ein bißchen nervig das Gymnasistinnendeutsch von der Nebenbank, aber sonst…




(30.5.2023)

©Peter Alois Rumpf Mai 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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