3119 Der eigene Untergang
9:21 a.m. Am Gang
seltsame Winselgeräusche; mir ist unklar, ob von Mensch oder Tier. Alles ist
denkmöglich. Mein Blick fällt zufällig auf den Freud im Regal. Ich muß
innerlich lachen: hatte ich denn nicht den Plan, ihn vom Kopf auf die Füße zu
stellen? Ich hab den Plan zwar irgendwo artikuliert und die Grundidee
niedergeschrieben, aber jetzt – so scheint mir – glaub ich es mir selber nicht
mehr. Meine Erfolglosigkeit beginnt auch schon mein eigenes Denken und mein
eigenes Innenleben zu zersetzen. Immerhin habe ich heute Nacht beschlossen, mit
der Kaffeesucht aufzuhören: radikaler Entzug ist angesagt. Ein wenig fürchte
ich mich davor, aber meine Aggression ist stark genug.
Einsiedler hätte schon auch was gehabt: der eigene Untergang
betrifft nur einen selbst; man zieht niemand mit in den Abgrund (die Familie
hat einen schon vorher aufgegeben).
Ich habe immer noch die Illusion, dass nach meinem Tod meine Texte „entdeckt“ und herausgegeben werden. Dabei ärgere ich mich schon jetzt, wie in meine Texte eingegriffen werden wird und vermeintliche Fehler ausgebessert. Die meisten Fehler sind keine Fehler, auch die nicht, die offensichtlich scheinen! Es gibt in meinen Texten immer mindestens eine zweite klandestine Ebene, die sich manchmal als sogenannte „Fehler“ ausdrückt! Erschwerend kommt hinzu, dass es auch ein paar echte Fehler, die ich übersehen habe oder wo ich zu faul zum Ausbessern war, geben wird.
Ich fühle mich sogar
von meinem Abgang überfordert. Ich kann nur hoffen, dass mit dem Tod wirklich
alles Bewußtsein erlischt, was ich jedoch nicht glauben kann. Ich fürchte, dann
als wütender Geist in den Randzonen der normalisierten Wirklichkeit ruhelos und
zornig herumzuzischen.
Ach, meine linke Hand! Schon wieder verkrampft!
(4.3.2023)
©Peter Alois Rumpf März
2023 peteraloisrumpf@gmail.com
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