Dienstag, 6. Dezember 2022

3006 Nikolaustag

 

10:23 a.m.  Die Volkszählung unter Augustus hat ja wirklich stattgefunden – soviel ich weiß. Warum mich das jetzt beschäftigt? Aus Angst vor Weihnachten? Vielleicht. Könnte sein. (so, jetzt passen die Pölster im Rücken besser!) Ja, diesmal habe ich richtig Angst vor Weihnachten. Wovor? Dass zu viel aufgewirbelt wird? Dass ich heulen werde? Ja, jedenfalls fürchte ich mich vor meinen Gefühlen, die hochkommen werden. So; das ist das eine.

Das andere ist mein Bücherregal, meine Klage- und Freudenmauer, mein Stolz und meine Angeberkulisse. (Tu weiter mit der Schreiberei! Schau nicht so lange auf die Platanenzeichnung! Dein Magen knurrt schon.) Oh, ich könnte mich jetzt an die Bilder am Kasten am Fußende des Bettes verlieren: dieses Arrangement aus Kunstkarten, Photokopien eigener Bilder, Zeichnungen von mir, meinen Töchtern und meiner Frau. Nicht zu vergessen Päivis hölzerner Bü, der auch noch zwischen Kastl und Bett eingeklemmt und so an Ort und Stelle fixiert ist. Mein Herz beruhigt sich. Mein Herz regt sich wieder auf. Mein Herz beruhigt sich allmählich wieder.

Geendet hat dieser Morgen mit einem echten Weihnachtswunder, das ich mir taggeträumt habe: ich habe mir Respekt verschafft, dann bin ich so reich geworden, dass ich meine Texte in Buchform veröffentlichen konnte, aber ohne mich mit unbotmäßigen Lektoren herumschlagen zu müssen, denn den Verlag habe ich aufgekauft. Ich bin wirklich sehr reich, kann mir Raum und Ungestörtheit erkaufen, lebe in einem großen Haus mit großen Atelierräumen und großem Garten nahe der Bellevue (andere Orte können später noch dazukommen, aber im Moment brauch ich sie nicht). Und ich kann mein Projekt Galerie und Kunstsammlung verwirklichen, denn ich bin sehr, sehr reich: mitten in Wien, es muß kein Palais, kann gerne ein alter Industriebau sein, aber verkehrstechnisch und vor allem öffentlich gut erreichbar. Ich finde eine kongeniale Galeristin; ich rede ihr nicht drein bei dem, was über meine Vorgaben hinausgeht. Ich habe schon jetzt eine lange Liste von Künstlern und Künstlerinnen, die ich ausstellen und für die Sammlung ankaufen werde – weil ich sehr sehr reich bin, sind wir sehr großzügig. Die Sammlung wird dann bald der Öffentlichkeit zugänglich gemacht mit allem Pipapo. Darüber hinaus kann meine Galeristin ausstellen und sammeln, wen sie will. Wir sind sowieso kongenial und ticken ähnlich. Der Kunstmarkt ist uns nicht maßgebend – wie sammeln, was wir lieben und was uns gefällt und lassen uns von Profis nicht dreinreden – wir sind selbst leidenschaftlich und Profis. Und wenn irgendwelche Journalisten geschmiert werden wollen, damit sie überhaupt und wohlwollend berichten (alle Kunstjournalisten sind nicht so, wie ich aus eigener Erfahrung weiß!), so verweigern wir das und haben das Gespräch aufgenommen und veröffentlichen es, denn ich betreibe auch eine Zeitschrift und habe eine ganze Schar aufrechter, unkorrumpierbarer Rechtsanwälte in petto. Ja, so machen wir das!

Von diesem Tagtraum wirklich und in echt gestärkt und in fröhliche Stimmung versetzt stehe ich jetzt auf und werde mir mein Frühstück machen. Und mir ist klar: unter dem werde ich es nicht geben! Ich werde sehr reich sein müssen, um mir genügend Platz zu verschaffen und aufblühen zu können. Unter dem gebe ich es nicht.

 

(6.12.2022)

©Peter Alois Rumpf  Dezember 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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