3006 Nikolaustag
10:23 a.m. Die
Volkszählung unter Augustus hat ja wirklich stattgefunden – soviel ich weiß.
Warum mich das jetzt beschäftigt? Aus Angst vor Weihnachten? Vielleicht. Könnte
sein. (so, jetzt passen die Pölster im Rücken besser!) Ja, diesmal habe ich
richtig Angst vor Weihnachten. Wovor? Dass zu viel aufgewirbelt wird? Dass ich
heulen werde? Ja, jedenfalls fürchte ich mich vor meinen Gefühlen, die
hochkommen werden. So; das ist das eine.
Das andere ist mein Bücherregal, meine Klage- und
Freudenmauer, mein Stolz und meine Angeberkulisse. (Tu weiter mit der
Schreiberei! Schau nicht so lange auf die Platanenzeichnung! Dein Magen knurrt
schon.) Oh, ich könnte mich jetzt an die Bilder am Kasten am Fußende des Bettes
verlieren: dieses Arrangement aus Kunstkarten, Photokopien eigener Bilder,
Zeichnungen von mir, meinen Töchtern und meiner Frau. Nicht zu vergessen Päivis
hölzerner Bü, der auch noch zwischen Kastl und Bett eingeklemmt und so an Ort
und Stelle fixiert ist. Mein Herz beruhigt sich. Mein Herz regt sich wieder
auf. Mein Herz beruhigt sich allmählich wieder.
Geendet hat dieser Morgen mit einem echten Weihnachtswunder,
das ich mir taggeträumt habe: ich habe mir Respekt verschafft, dann bin ich so
reich geworden, dass ich meine Texte in Buchform veröffentlichen konnte, aber
ohne mich mit unbotmäßigen Lektoren herumschlagen zu müssen, denn den Verlag
habe ich aufgekauft. Ich bin wirklich sehr reich, kann mir Raum und
Ungestörtheit erkaufen, lebe in einem großen Haus mit großen Atelierräumen und
großem Garten nahe der Bellevue (andere Orte können später noch dazukommen,
aber im Moment brauch ich sie nicht). Und ich kann mein Projekt Galerie und
Kunstsammlung verwirklichen, denn ich bin sehr, sehr reich: mitten in Wien, es
muß kein Palais, kann gerne ein alter Industriebau sein, aber verkehrstechnisch
und vor allem öffentlich gut erreichbar. Ich finde eine kongeniale Galeristin;
ich rede ihr nicht drein bei dem, was über meine Vorgaben hinausgeht. Ich habe
schon jetzt eine lange Liste von Künstlern und Künstlerinnen, die ich
ausstellen und für die Sammlung ankaufen werde – weil ich sehr sehr reich bin,
sind wir sehr großzügig. Die Sammlung wird dann bald der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht mit allem Pipapo. Darüber hinaus kann meine Galeristin
ausstellen und sammeln, wen sie will. Wir sind sowieso kongenial und ticken
ähnlich. Der Kunstmarkt ist uns nicht maßgebend – wie sammeln, was wir lieben
und was uns gefällt und lassen uns von Profis nicht dreinreden – wir sind
selbst leidenschaftlich und Profis. Und wenn irgendwelche Journalisten
geschmiert werden wollen, damit sie überhaupt und wohlwollend berichten (alle
Kunstjournalisten sind nicht so, wie ich aus eigener Erfahrung weiß!), so
verweigern wir das und haben das Gespräch aufgenommen und veröffentlichen es,
denn ich betreibe auch eine Zeitschrift und habe eine ganze Schar aufrechter,
unkorrumpierbarer Rechtsanwälte in petto. Ja, so machen wir das!
Von diesem Tagtraum wirklich und in echt gestärkt und in
fröhliche Stimmung versetzt stehe ich jetzt auf und werde mir mein Frühstück
machen. Und mir ist klar: unter dem werde ich es nicht geben! Ich werde sehr
reich sein müssen, um mir genügend Platz zu verschaffen und aufblühen zu
können. Unter dem gebe ich es nicht.
(6.12.2022)
©Peter Alois Rumpf Dezember
2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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