2727 Die Zeit im Bild verschlafen
20:29. Die Zeit im Bild verschlafen. Das passiert mir jetzt
öfters, nachdem ich seit Neuestem abends Mittagsschlaf halte. Etwas
Unsichtbares schattet meine linke Gesichtshälfte; ich bin zu faul, die
rationale Erklärung rauszufinden, und erst recht eine irrationale. Im
Lichtschacht röhrt die Lüftungs- oder Klimaanlage. Die frankophone Schweizerin
– bon soir, Madame! Schon lange nichts mehr von Ihnen gehört – hält noch immer
ihr Unterleiberl gegen das Abrutschen fest. Mir gefällt Ihre weiße Haut,
Madame, als Blickfang im Bild. Munchs Geliebte schaut ein wenig betroppezt
drein. Ein glitzender Lichtpunkt auf der Flasche mit dem veralgten Weihwasser bestrahlt
mich hier im Bett, während draußen die Dämmerung aufzieht, von der das Licht
hier herinnen ganz trüb wird. Das ist die fragilere Tageszeit als die Nacht;
die Dinge sind ungewisser als wenn sie in Finsternis geborgen sind. Auch die
zwei Visionäre schauen ein wenig betroffen drein und müssen den Übergang erst bestehen. Das Lichtschachtröhren scheint die Zeit weiterzutreiben, auf
dass sie im Spalt zwischen Tag und Nacht nicht hängen bleibt.
(2.6.2022)
©Peter Alois Rumpf
Juni 2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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