Mittwoch, 13. April 2022

2657 Fromm

 

12:12. Sonnenlichtflecken an der Wand. Selbst an meinem Pilotstift glitzert eine Stelle auf – wer weiß, wie oft das Licht hin und her springen mußte, um diese Stelle zu erreichen. Am weißen Rand bei meinem verwoatackelten Liebenden-Bild im Regal spiegelt sich auch ein schwaches, trübes, gelbes Licht – ich vermute: der Schnabel des hölzernen Raben. Unten ist es still geworden: die Tagis schlafen. Mein Blick fällt auf das Wandlungsbild, das heute so transparent, leicht und rein und räumlich wirkt. Wirklich eine tolle Welt, wirklich ein magisches Geschehen, die Farben hinreißend. Ein unglaubliches Bild! Ich kann den Blick nicht mehr abwenden, den Blick, der ganz tief in diese priesterliche Szene hineingeht. Verdammt und Himmelherrgottnochmal! Bin ich jetzt wieder fromm! Nur durch den Blick auf die Kopie eines kleinen Bildchens. Vielleicht ist mir ja vor Jahren eine echte Ikone gelungen; ein Bildchen also, von dem irgendwelche Kräfte ausgehen (vielleicht auch nicht). Wo ist eigentlich das Original? Ich ahne es. Es wäre mir nun lieber, ich hätte es nicht verschenkt. Mein ewiges, beschissenes Minderwertigkeitsgefühl verleitet mich immer wieder zu unangebrachter Großzügigkeit bei möglicherweise den falschen Leuten. Sei's drum! Ich hoffe, wenigstens die Götter wissen, was sie tun.

 

(12.4.2022)

©Peter Alois Rumpf  April 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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