2324 Der Heilige Nepomuk versteckt sich
Der Heilige Nepomuk unter der Brücke versteckt sich hinter
dem Holunderbusch unter den Bäumen. Aber um diese Tageszeit und an diesem Sommertag
bringt die Sonne seinen Sockel ins Licht, nur er selbst bleibt im Schatten, das
Kruzifix jedoch, das er in Todesangst umklammert, bekommt ein paar Lichtpunkte
ab und somit ist auch er selbst aufgedeckt. Im gegenüber liegenden Haus
schleichen ein, zwei keifende Weiber herum – vielleicht aber keifen sie gar
nicht, sondern reden normal, Jahrtausende lang vom Patriarchat gequält in ihren
hochgejaulten spitzen und aggressiven Fruststimmen – die Männer dumme, stumpfe
Machos oder schwache Seicherl.
Der Wind gibt mir recht, indem er deutlich zulegt und mich,
der ich das hohe Fensterbrett als Stehpult nutzend aus dem Dachkammerfenster
gucke, und den Heiligen Nepomuk zärtlich umfächelt: bei mir spüre ich es auf
der nackten Haut, beim Nepomuk sehe ich es an den wiegenden Zweigen um ihn. Die
Pappeln blinken uns aufgeregt: endlich welche, die die Wahrheit aussprechen.
Nur die Autofahrer in ihren blechernen Containern aus Plastik, sehen, hören,
merken und spüren nichts. „Solln wir nach Dürnstein fahren, oder wo könnten wir
sonst noch hinfahren? Wo ist etwas los?“ Die Stimmen der Frauen sind nun
ruhiger und entspannter. Die Kirchturmuhr schlägt halb. Drei Hollerblütendolden
sind von hier aus zu sehen. Und ein Auto nach dem andern.
(11.7.2021)
©Peter Alois Rumpf Juli 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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