2300 Zugelächelt
Wieder in dem Café in der Burggasse. Seit dem ersten
Lockdown zum ersten Mal. Tagelang mußte ich auf mich wie auf einen kranken Esel
einreden, bis ich mich traute. Gut zureden. Immer wieder wiederholen. Der
schlimmere und stärkere Lockdown hockt und arbeitet in meiner Seele. In der
CD-Abteilung vom Gerngroß vorhin hätte ich mir fast eine umfangreiche
CD-Sammlung des Art-Ensemble of Chicago um sechsundachtzig Euro gekauft, aber
es mir dann aus Sparsamkeitsgründen verboten. Ich bereue es bereits. Aber ich
habe kein Recht darauf. Zirka 1.100.- beträgt die Miete unserer Wohnung und ich
trage keinen Cent dazu bei: es steht mir dieser CD-Luxus nicht zu. Aber
irgendwer muß doch diese Kulturschätze bewahren, bevor sie untergehen!
Möglichst viele und breit gestreut, sonst gehen sie verloren wie die Bücher der
Bibliothek von Alexandria.
Ich kenne hier niemand mehr, weder vom Personal, noch von
den Gästen. Neuübernahme? Hoffentlich nicht! Obwohl: was geht es mich an? Ach!
Immerhin ist es der erste Anlauf. Ein Anlauf, mich fragwürdige Existenz aus
meinem (geborgten) Kelion hinaus in die Welt zu jagen. Übrigens sitze ich
drinnen, nicht im Gastgarten. Drinnen ist es ganz leer. Wie angenehm!
Die Chefin ist gekommen! Keine Neuübernahme, ich bin
erleichtert. Ich suche Augenkontakt zu ihr um sie grüßen zu können (ich kann
niemanden grüßen, der mich nicht anschaut; ich kann nie, gar nicht direkt auf
mich aufmerksam machen oder einfach – sozusagen in alter Bekanntschaft – von
mir aus den Gruß starten). Wird sie sich noch an mich erinnern? „Des Menschen
Tage ...“ Ja, sie hat hergeschaut und mir auf meinen kopfnickenden und
murmelnd-gestammelten Gruß zugenickt und zugelächelt. Alles ist gut! Ich kann
wieder kommen. Jetzt trau ich mich wieder her!
(18.6.2021)
©Peter Alois Rumpf Juni 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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