2238 Ich Halbblinder
Ich liege und döse vor mich hin, zwischen Phantasien,
Erinnerungen, Traumbruchstücken und Gedanken changierend, mein Blick schweift
ziellos im Zimmer umher, und bleibt an meinen Lošinj-Bildern hängen, was er
schon wochenlang nicht mehr getan hat. Wegen der Schmerzen im Kreuz suche ich
eine andere Liegeposition und verrücke meinen Körper um ein paar Zentimeter
nach rechts und plötzlich, durch diese minimal veränderte Perspektive, öffnen
sich die Bilder an der Wand auf nie dagewesene Weise: sie bekommen auf einmal
eine so unglaubliche Tiefe und Intensität, von der ich nicht weiß, wie ich sie
beschreiben kann: im linken Bild steht der bewölkte Himmel offen, seine Dynamik
erklärt wortlos alles. Alles was in meinem Leben und auf der Welt geschieht; im
rechten geht der Durchblick ganz auf, als hätte ich Halbblinder zum erstenmal
die Höhle der postparadiesischen Verblendung verlassen und blickte zum ersten
Mal hinter die Kulissen in die strahlende Eigentlichkeit, die schon aus dem
Hintergrund heranfließt und die Kulissenstadt sanft, freundlich, aber bestimmt
wegschiebt und auflöst. Dahinter ist das reine Staunen.
(12.5.2021)
©Peter Alois Rumpf Mai 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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