Donnerstag, 27. Mai 2021

2232 Am Klo in der Albertina

 

Zuerst bin ich in einer Retrospektive herumgegangen, schwankend zwischen sehr berührt und auf Distanz – letzteres möglicherweise kunstideologisch bedingt – dann setze ich mich mitten in der Albertina aufs Klo und grüble während meiner Tätigkeit, ob und welcher meiner Vorfahren mir hilft, trotz allem nicht ganz aufzugeben. Das wäre das erste Mal, daß ich etwas Positives unter dem von den Vorfahren Ererbtem vermute und ich wenigstens einem von ihnen Wohlwollen mir gegenüber zutraue und ich bin freudig berührt davon, dass das sein könnte. Bis jetzt hatte ich sie mir nur als feindselig lauernde Bosnigl vorstellen können, die einerseits zwar darauf warten, dass ich ihren hinterlassenen Dreck wegräume, wegen dem sie mich ja in die Welt geschickt haben, weil sie dann ja auch miterlöst werden würden, aber andererseits es nicht ertragen, wenn mir gelänge, was ihnen nicht gelungen ist. Wenn es doch einen oder eine gäbe, der die zu mir hält? Oder gar mehrere?

Jetzt erhole ich mich nach der ersten, üppigen Kunstwanderung und der bedeutungsschweren Klositzung bei der postradikalen Malerei. Einfach die gekonnte Schlichtheit tut mir jetzt gut. Eine Aufseherin mit beeindruckendem Arsch geht herum und lenkt mich ab – oder umgekehrt: sie ist belästigt und versteckt sich jetzt hinter einer Säule und schleicht dann von dort mir unbemerkt in den Bereich hinter meinem gekrümmten Rücken. Hören tu ich Ximena singen mit dem Omar-Rodriguez-Lopez-Quartette.

Nun habe ich mich genug erholt, die postradikale, aber sehr faktische Malerei verliert etwas – wirklich nicht viel – an Anziehungskraft und ich werde diese Abteilung fertig abgehen. Sollte ich es heute gar nicht zu meiner Batliner-Lieblingsabteilung schaffen?

Ich stehe von der Bank auf und will herumgehen, aber wegen meiner Kreuzschmerzen bin ich gekrümmt wie ein Greis (katholische Definition von Sünder: „der in sich selbst verkrümmte Mensch“). So will ich mich aber nicht präsentieren – ich rufe mein bescheidenes yogisch-tensegretisches Wissen ab: Bauchmuskulatur innen anspannen, Hüften zusammenziehen, die magische Schnur vom Nacken in den Himmel hinauf spüren und sich daran aufrichten und und hochziehen lassen. Lange hält meine Disziplin nicht an, bald ist alles wieder vergessen und die Aufmerksamkeit ganz woanders. Ich gehe in einen Nebenraum und bei einem anderen Durchgang wieder in den Hauptsaal zurück und laufe unabsichtlich fast in besagte Aufseherin hinein; sie ist erschrocken, ich auch und sie dreht sich um und läuft von mir weg. Mein Kreuz schmerzt schon auf über mittlerer Höhe – die Götter wollen mich klein halten. Zu recht: einem so mickrigen, feigen kleinen Arschloch steht es nicht zu, den Weibern nachzuschauen! Das dürfen nur richtige Männer! Zumindest einige dürften das auch so sehen.

Ich glaube, ich schaffe es nicht mehr zum Batliner, die Kreuzschmerzen fordern ihren Tribut. Ich werde nach Hause fahren; bei Schmerzen bin ich lieber für mich.

 

(11.5.2021)

 

©Peter Alois Rumpf   Mai 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

 

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