2234 VoodooFaustII, 3.Anlauf
Wieder setze ich mich mit Notizbuch zum VoodooFaustII, habe
jedoch kaum Lust auf schreiben. Meine Brillen sind trübe, ich reinige sie,
während das Operngewitter tobt. Die Haut zwischen Zeige- und Mittelfinger
juckt. Nachdem ich das notiert habe, kratze ich mich dort. Von der Musik bin
ich dabei abgelenkt gewesen. Ich nehme einen Schluck kalten, dünnen Kaffee, wie
ich ihn am liebsten trinke. Nun folge ich wieder den musikalischen Land- und
Stadtstreichern auf ihren leuchtenden Pfaden (sendero luminoso). Die Stimme des
Dauphins und seines Begleiters retten irgendwas, das sonst unterginge im
Schicksalsgestrudel. Mich jedenfalls. Ich spotte innerlich über mein
bedeutungsgetuendes Reden. Das LaLaLa ist fröhlich und hüpft; versöhnt mich mit
meinem Pathos, meiner Pathologie, weil es nicht so wichtig ist. Das wird
musikalisch von etwas Ernsthaften, Sehnenden unterlegt, das wiederum
zweistimmig überjault und überhüpft wird. Der Dauphin und sein Begleiter
schreiten ein. Dann die liebe, liebgewonnene, süße Scheissezählung als Ende des
ersten Aktes. Ich nehme einen Schluck Kaffee.
Ich lasse schriftlich einiges aus, weil ich mich nicht
auskenne und müde bin und die Verdichtung nicht kommentieren kann. Angelus'
Schlagzeug greift ein und treibt die Handlung, oder das Geschehen weiter über
Mitternacht hinaus. Die Schönheit der Musik der Streicher.
Die Passage 9, die mich so berührt mit ihrer kosmischen
Trauer und Schönheit. Bei der Scheisse 14 bis 28 löst sich meine köstliche
Schwermut allmählich auf und ich atme tief durch. Das muß auch sein. Wieder ist
es Angelus, der dem Geschehnisstrom eine andere Richtung gibt.
Ich lasse vieles aus, bin zu müde zum Schreiben. Ich nehme
einen Schluck Kaffee. Mir fehlen auch die Begriffe und ich begreife zu wenig
von der Welt. Der Dauphin mit seinem Aöhhhh rüttelt mich auf, oh danke ihro
Hoheit, er bringt mich taucherten Ochsen auf die richtige Bahn zurück: Hööö!
Hööö! Ich soll mir nichts scheißen und mich nicht so wichtig nehmen, singt er
mir (AöHHH!) Und nun wieder die liebe, schöne, lieblichst hingehauchte Scheisse
14 bis 28.
Das Geschehen wird sanfter und dünner, bis zum furiosen
Finale (mit Verlängerung nach der regulären Spielzeit). Ich nehme wieder einen
Schluck Kaffee. Ich habe vor, die Tasse bis zur Neige auszutrinken.
(11.5.2021)
©Peter Alois Rumpf Mai 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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