Dienstag, 30. Juni 2020

1905 Das sollte genügen


Es surrt heute als freundliches Singen und es fehlt ihm die übliche ohrenverletzende Schärfe fast völlig. Dafür, daß ich so lange schlafe, bin ich viel zu müde, schon jetzt, noch nicht einmal Mitternacht. Mein Blick glaubt hier bereits alles zu kennen und ist sehr unaufmerksam geworden, wandert nicht mehr, sondern eilt gleichgültig über alles hinweg.
Ich zwinge ihn, sich langsamer zu bewegen, aber er weigert sich, mehr Input aufzunehmen, sondern trübt alles gleichmäßig ein.
Ich selber finde keine Stelle, wo ich meine Augen weiden kann, oder wenigstens den Blick verankern. Begleitet wird das von Unlust und deutlicher Frustration.

Das rosarote, horizontale Leuchten einer Buchrückenschrift, das am stärksten meine Aufmerksamkeit anzieht, hasse ich und ich habe mir geschworen, nie mehr Bücher mit Metalliseschrift zu kaufen.
Mir zu Fleiß richte ich richte ich nun mein Geschau auf diese unangenehme Stelle; vielleicht hat gerade sie eine Botschaft für mich.

Nein, hat sie nicht. Daß das kapitalistische Aufmerksamkeitsgeheische abstoßend ist, habe ich schon vorher gewußt.

Jetzt nehme ich einen blaßblauen vertikalen Streifen ins Visier, viel angenehmer, wie ein kleines Nebelband oder schwaches Glitzern auf nassem Asphalt, aber das aufdringliche Rosarot verbleibt am Rande des Gesichtsfeldes und stört.

Wenn ich das rosarote Glitzern mit meinem Notizbuch vor Augen abdecke, wird der Raum schlagartig angenehmer, schöner und meiniger, jedoch ermüden meine Arme schnell. Ich brauche jedoch dieses Buch: Wörterbuch Tschechisch – Deutsch und vice versa.

Ich stecke das Buch woanders ins Regal; immer noch sichtbar, aber um die Hälfte gedämpft.
Das sollte genügen.








(29./30.6.2020)









©Peter Alois Rumpf,  Juni 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

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