1874 An der Schädeldecke
Auf meinem Schädel kribbelt die Kopfhaut hellwach und
interessiert, bereit, die Wellen des Universums aufzunehmen. Ein gestoßener
tiefer Seufzer (ähnlich denen, mit denen sich Kinder beim Beenden ihres Weinens wieder beruhigen)
entringt sich meiner weit gemachten Brust - aber vom Weinen keine Spur. Ein
tiefes, mehrfach Luft nachschöpfendes Gähnen dehnt Mund und meinen Bauch und
macht mir den schönen guten Morgen spürbar.
Jetzt wachen meine Backenknochen auf und drücken sanft auf
diese Weise mir ihr Dasein aus und auch ein wenig – mechanisch – auf die
Tränendrüsen.
Jetzt wandert der leichte Druck zu meinen Ohren, besonders
im linken spüre ich ihn wie einen Pfropfen, der sofort das Surren steigert und
einen hohen, monochromen Ton erzeugt.
Nun aber scheint sich dieser Aufmerksamkeitsdruck aufzulösen
und wandert nicht mehr weiter.
Doch! Auf der Schädeldecke entsteht er wiederum, beginnt,
den ganzen Kopf mir einzuhüllen; der fühlt sich wie in Sandy's runder
Glaskugel.
Die Wahrnehmungsspots wandern jetzt am ganzen Körper hin und
her, gehen aus und wieder an – ich kann dem nicht mehr folgen.
Now wieder an der Schädeldecke und rieselt rundherum am Kopf
herunter. Die Ohren neuerlich verpfropft.
Jetzt bin ich schon zu wach, um all das noch ganz deutlich
sauber spür'n zu können.
Stimmt doch nicht ganz: denn es melden sich wieder einzelne
Körperstellen. Sogar in leichten Schlaf versinke ich.
Alles genehmigt und von meinen innern Klägern und Richtern
frank erlaubt! Dient ja auch der Text- und Wahrheitsfindung!
(10.6.2020)
©Peter Alois Rumpf,
Juni 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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