1743 Der Schriftsteller Joseph Bacherl
Mein Name ist Joseph Bacherl und ich bin auf dem Weg, ein
großer, bedeutender, anerkannter und erfolgreicher Schriftsteller zu werden.
Ich bin ein Mann in den besten Jahren, also noch jung, und habe mir folgende
schriftstellerische Schreibtechnik ausgedacht:
Ich setze mich mit Campingstuhl und Campingtischchen in eine
Tiefgarage. Wirklich tief. Kein Tageslicht. Das ist mein schriftstellerischer
Arbeitsplatz.
Dort sitze ich und schreibe zu den üblichen Bürozeiten von
acht bis – sagen wir ruhig: achtzehn Uhr.
Das Licht in der Tiefgarage wird von Bewegungsmeldern und
von ein paar in der Halle verteilten zu betätigenden Lichtschaltern ausgelöst.
Nach was-weiß-ich-wie-vielen Sekunden geht das Licht automatisch wieder aus,
wenn kein neuerlicher Einschaltimpuls erfolgt.
Dort sitze ich also und schreibe, etwa wenn gerade ein Auto
hereingefahren ist oder ein Autofahrer oder Fahrerin, ein* Beifahr* mit dem
Lift oder über die Stiegen herabgekommen sind, um mit ihrem Auto weg oder mit
wem-auch-immer mitzufahren oder etwas zu holen oder etwas im Auto zu
hinterlegen oder einfach um nachzuschauen, bis das Licht wieder ausgeht.
Ist es ausgegangen sitze ich im Finstern und kann nicht
schreiben, außer ich erlernte blind zu schreiben.
Da bin ich dann mit dem Halten der schon angefangenen Sätze,
Gedanken und Ideen beschäftigt, den weiterlaufenden Assoziationen; bin dem
alles zermalmenden Gedankenstrom und seinen Nebenflüßchen, meiner aufkommenden
Angst, meinen Dämonen ausgeliefert, bis das Licht, das ich nicht selbst
auslösen darf, wieder angeht. Dann kann ich weiter schreiben. Was und solange
es sich ausgeht, neu ansetzend oder am Vorigen anknüpfend, verwirrt, ängstlich,
zitternd, atemlos, gefaßt, unerschrocken, klar, chaotisch – bis das Licht
wieder ausgeht.
Wie gesagt: ich darf – außer in echten Notfällen und bei
starkem Harn- oder Stuhldrang – nicht aufstehen und einen Einschaltimpuls
auslösen!
So habe ich meine schriftstellerische Arbeitszeit klar
strukturiert; mich klar, eindeutig und demütig den Schicksalsgöttinnen und der
ganzen Bande oben überliefert, denn sie bestimmen ziemlich direkt, zumindest wieviel
Text herauskommt und durch die unweigerliche Konfrontation mit der Finsternis
und dem Ort – sagen wir: auf Ebene minus drei, sind die Voraussetzungen für
literarischen Tiefgang gegeben.
Ich muß mir nur noch das Campingmobiliar besorgen, dann
steht meiner literarischen Arbeit und der Erschaffung großer Werke nichts mehr
im Wege.
Ich werde hier berichten.
(6.2.2020)
©Peter Alois Rumpf, Februar 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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