Donnerstag, 6. Februar 2020

1743 Der Schriftsteller Joseph Bacherl


Mein Name ist Joseph Bacherl und ich bin auf dem Weg, ein großer, bedeutender, anerkannter und erfolgreicher Schriftsteller zu werden. Ich bin ein Mann in den besten Jahren, also noch jung, und habe mir folgende schriftstellerische Schreibtechnik ausgedacht:

Ich setze mich mit Campingstuhl und Campingtischchen in eine Tiefgarage. Wirklich tief. Kein Tageslicht. Das ist mein schriftstellerischer Arbeitsplatz.

Dort sitze ich und schreibe zu den üblichen Bürozeiten von acht bis – sagen wir ruhig: achtzehn Uhr.
Das Licht in der Tiefgarage wird von Bewegungsmeldern und von ein paar in der Halle verteilten zu betätigenden Lichtschaltern ausgelöst. Nach was-weiß-ich-wie-vielen Sekunden geht das Licht automatisch wieder aus, wenn kein neuerlicher Einschaltimpuls erfolgt.

Dort sitze ich also und schreibe, etwa wenn gerade ein Auto hereingefahren ist oder ein Autofahrer oder Fahrerin, ein* Beifahr* mit dem Lift oder über die Stiegen herabgekommen sind, um mit ihrem Auto weg oder mit wem-auch-immer mitzufahren oder etwas zu holen oder etwas im Auto zu hinterlegen oder einfach um nachzuschauen, bis das Licht wieder ausgeht.

Ist es ausgegangen sitze ich im Finstern und kann nicht schreiben, außer ich erlernte blind zu schreiben.

Da bin ich dann mit dem Halten der schon angefangenen Sätze, Gedanken und Ideen beschäftigt, den weiterlaufenden Assoziationen; bin dem alles zermalmenden Gedankenstrom und seinen Nebenflüßchen, meiner aufkommenden Angst, meinen Dämonen ausgeliefert, bis das Licht, das ich nicht selbst auslösen darf, wieder angeht. Dann kann ich weiter schreiben. Was und solange es sich ausgeht, neu ansetzend oder am Vorigen anknüpfend, verwirrt, ängstlich, zitternd, atemlos, gefaßt, unerschrocken, klar, chaotisch – bis das Licht wieder ausgeht.

Wie gesagt: ich darf – außer in echten Notfällen und bei starkem Harn- oder Stuhldrang – nicht aufstehen und einen Einschaltimpuls auslösen!

So habe ich meine schriftstellerische Arbeitszeit klar strukturiert; mich klar, eindeutig und demütig den Schicksalsgöttinnen und der ganzen Bande oben überliefert, denn sie bestimmen ziemlich direkt, zumindest wieviel Text herauskommt und durch die unweigerliche Konfrontation mit der Finsternis und dem Ort – sagen wir: auf Ebene minus drei, sind die Voraussetzungen für literarischen Tiefgang gegeben.

Ich muß mir nur noch das Campingmobiliar besorgen, dann steht meiner literarischen Arbeit und der Erschaffung großer Werke nichts mehr im Wege.

Ich werde hier berichten.












(6.2.2020)












©Peter Alois Rumpf,  Februar 2020  peteraloisrumpf@gmail.com


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