1686 Der unerwartete Neujahrvorsatz
Jetzt, heute, nun erst in der Rainerausstellung bekenne ich
mich zu Selbstdarstellung und Egomanie. Das ist mein unbeachsichtigter und gar
nicht angestrebter, trotzdem ernstgemeinter Vorsatz fürs Neue Jahr:
rücksichtslos egoistisch zu sein – auf meine Art (arte povera). Ja, das geht!
Vielleicht mach ich sogar Porträts von mir am Fotoautomaten und arbeite
bildlich. Vielleicht. Ich darf alles offen lassen: Türen, Fenster, Pläne,
Reisverschlüsse … . Ich darf mein Ego aufblasen, und auch andersrum: es in der
Armes-Opfer-Armer-Sünder-Armes-Baby-Pose aufblasen. Ich darf es und darf es tun, muß jedoch nicht. Ich darf das aufgeblasene
Ego wie einen freigelassenen – also mit geöffnetem Verschluß – Luftballon im
Zimmer herumsausen lassen (solche Revolutionen finden immer nur und bestenfalls
im Saale statt), oder indem ich das Luftballon-ist-gleich-Ego-Mundstück in die
Breite dehne und es so Furzgeräusche verlauten lasse, auch solch einen unreifen
Schaas darf ich mir erlauben; Und herumschreien, schimpfen, wüten darf ich auch
– ich erlaube es mir. Sollte ich jedoch den Egoluftballon mit speziellen
Substanzen respektive Gasen gefüllt haben, darf er – der Luftballon/ es – das
Ego – auch in den Himmel schweben – (bloß vermeintlich!) - und seine Füllung
ins Universum blasen unter Zurücklassung einer faden, laschen, grauslichen
Hülle.
Alles darf ich. Danke Mister Rainer für diese Erlaubnis und
reinen Erkenntnis der depperten Art, der peternen Art. (Die Bilder hier brauche
ich nur als Startzünder und Gedanken-Brand-Beschleuniger.)
Das ist meine zweite Egoaufblähung.
Die dritte offizielle Egoaufblähung besteht darin, mitten in
diesen Kunstwerken der alten Moderne zu sitzen und so dreinzuschauen, als wäre
ich kompetent – was ich wirklich nicht bin. Das kann ich gut und habe es immer
schon, immer schon, je schon gemacht.
Die vierte: da da zu sitzen und zu schreiben: schaut – so
hoffe ich – auch cool aus und – so hoffe ich – macht Eindruck. Wie es sich
schon einmal ergeben hatte, sitze ich vorm viereckigen Klee. Das Bild gefällt
mir wirklich sehr.
Die fünfte, daß ich mir gleichzeitig anmaße, in meiner
Erbärmlichkeit die vielen italienischen Rundungen anzuschauen (heute ist die Albertina
stark besucht).
Sechste: daß ich mit meiner weihnachtsgeschenkten
Jahreskarte angebe, als wäre sie mein Verdienst; dabei habe ich sie – wie schon
angedeutet – geschenkt bekommen und mißbrauche das edle Haus als
Ersatzkaffeehaus, weil ich so auch herumsitzen, schreiben und Kosten sparen
kann. Das allerdings darf ich vielleicht schon sagen: ein gewisses, naives,
unbedarftes Interesse an bildender Kunst ist schon vorhanden (Achtung!
Negativego-Ego! - das siebentes)
Und jetzt diese freien Städtelandschaften des OK! (OK!
Angeberei! Nummer acht), gerade ist ein Sitzplatz davor freigeworden. Jetzt
rührt sich etwas und ein Schauder von woher auch immer fährt über meinen Körper
(Nummer neun?)
OKay!
Und nun die Bäume derer von Motesiczky, die in der Sommerhitze
– nehme ich an – eher um die Mittags- ist gleich Faun-Zeit – vom Schattenwurf
her tät's passen – die Bäume, die wie eigen- und selbständige Wesen aussehen,
da und anwesend sind und wirken; neben ihrem freundlichen, feinen Arbeiter.
(Zehn?)
Beim Hereingehen in die Albertina zum ersten Mal mit der
Jahreskarte, noch etwas unsicher und gebückt, den Blick verschämt gesenkt an
den Schlangen der Wartenden vorbei, mein Ego noch eingeschüchtert, aber schon
am Erwachen – darum dennoch: das war Aufblasung Nummer eins.
(1.1.2020)
©Peter Alois Rumpf,
Jänner 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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