1123 „Das ist eine meiner leichtesten Übungen“
Frauen. Volk. Begehren.
Unterschrieben. Brav? Brav! Ich rauche nicht (beim Korrekturlesen habe
ich „ich raube nicht“ gelesen. Ein Hoch auf die kreativen Fehler!) und will ein
Grundeinkommen (raube ich doch?), keine
Atomkraftwerke und bin überhaupt sehr super. Ich bin für die Freigabe
von Cannabis und für ein Verbot von Alkohol. So, aber jetzt! (Jetzt war ich
ganz frech!) Wirklich? Lauter grinsende Haschis? Hi hi hi.
Ja, genau. Ich werde bald den zweiten Cappuccino bestellen.
Der große starke Mann mit dem Hund stellt sich als großer starker Mann mit dem
Fahrrad heraus (so im ersten Wahrnehmen der Bewegung von rechts ins
fensterliche Blickfeld habe ich ein falsches Bild aus den Wahrnehmungspuzzlen
zusammengesetzt. Also kein Hund, nur Rad).
Übrigens: mein Berg der zu lesenden Bücher neben meinem Bett
ist bereits fünfgipfelig (quintitarisch) – das nur nebenbei (um fast alle meine
Lieblingsformulierungen zu verwenden).
Die alte Bettlerin ist eine Profi und gibt nicht so schnell
auf. Ich übe Nein-Sagen. „Das ist eine meiner leichtesten Übungen“ (PePe aus
der Sesamstraße. Das ist Dirk Bach – Gott hab ihn selig). Ich hole mir nun den
Kurier – Standard und Kleine las ich bereits – nicht zuletzt wegen dem
Pammesberger.
Kann man das Ganze nicht ein bißerl kompakter machen? Mich
irritieren jedoch die zwei
Kunstszeneprominenten hier, die ich von früher kenne, sie mich jedoch
nicht. Nicht mehr – glaube ich halt. Mich irritiert aber nicht, daß sie mich
nicht kennen, sondern weil es mich reizt, sie anzusprechen (den einen mit
Vornamen, den anderen mit Familiennamen, weil ich mit dem nicht so gut bekannt
war – und: mir sind die Namen der beiden nach einer anstrengenden Nachdenkphase
wieder eingefallen). Also ansprechen, so als ob es selbstverständlich wäre, daß
sie sich auch an mich erinnern. Ungefähr so: „Servas Hubert, sag, ist der da
drüben, mit dem du vorhin geredet hast, der Nöbauer oder verwechsle ich den?“
Es reizt mich, aber ich werde es nicht tun. Ich kann das nicht. Übrigens: mein
Leiberl heute trägt die Aufschrift: fluchtbereit. Eben!
Juhu! Ich hab's getan! Zwar nicht so elegant wie vorgesehen,
sondern sehr holprig, mit einigen Faux-Pas's, aber immerhin. Nachdem der eine
hergeschaut hat, habe ich ihm grüßend zugenickt, er zurück (wahrscheinlich hat
er sich doch gedacht, den kenn ich von irgendwo) und ich gehe hin und stelle
dann die Frage. Aber ohne ihn mit dem Vornamen anzusprechen. Und dann habe ich
dem anderen einen schönen Tag gewünscht – von Ersterem nach meiner Frage dazu
aufgeputscht.
Obwohl es nur teilweise lustig ist, sich selber zuzuschauen,
wie man wie ein schüchterner gymnasialer Jüngling, der eine aus seiner Sicht
berühmte Persönlichkeit anspricht, herumrede: einerseits in Panik, andererseits
oder gerade deswegen erstaunlich flott und flüssig beim Reden, wenn auch ganz
anders, als ich es vorhatte, ergo in Trance, mit Tunnelblick. Eben wie jemand,
der - als Jüngling: noch, als Alter ohne „noch“ – nicht in die Gesellschaft
initiiert ist. Dabei war die Kunstszene das einzige Milieu, in dem ich mir
halbwegs normal vorgekommen bin. Nicht als Alphatier, aber als irgendein
Buchstabe weiter hinten im Alphabet. Bis mir der Döbereiner das zerstört hat
(ich mir … habe lassen) und ich wieder zum Dalit, nichteinmal zum autochtonen
Dalit geworden bin. Und jetzt muß ich unter Schweiß und Panik versuchen, mich
irgendwo wieder einigermaßen selbstverständlich vorzukommen. Wenn das überhaupt
noch geht.
(1.10.2018)
©Peter Alois Rumpf
Oktober 2018
peteraloisrumpf@gmail.com
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