Dienstag, 14. August 2018

1061 Und die Morgenfrühe ...


Jetzt, wo ich keine Verpflichtungen habe – ein Zustand, der für meine Heilung ganz wichtig ist – merke ich erst, daß es tausend kleine Nadelstiche von „ich müßte, ich sollte“ gibt. Die Quälgeister stechen jedoch so schnell zu und gehen dann gleich wieder in Deckung, daß ich sie nicht identifizieren kann. Nur ein schlechtes Gewissen, weil ich um zehn Uhr fünfzehn immer noch im Bett liege, obwohl schon längst wach, bleibt. Dabei habe ich „Und die Morgenfrühe, das ist unsere Zeit“ schon längst als Nazilied erkannt. Von einem NSDAP-Mitglied geschrieben.

Dieses Lied habe ich in meiner Kindheit gerne gesungen, denn die Sehnsucht danach, in der Früh fröhlich, gesund und tatkräftig aufzustehen und den Tag zu beginnen, war und ist ja da, und wer wünscht sich nicht, daß die Sonne nicht nur das Tal, sondern auch das Herz weitet. Nur daß die Taten Morde und Verbrechen waren, die „Fröhlichkeit“ unecht und hysterisch und eine gemeine „Hetz“ (das Wort sagt schon, daß es ums hetzen geht) und die „Gesundheit“ krank, sehr, sehr krank.

Was habt ihr mir für ein Erbe hinterlassen! Was für ein Mißtrauen gegen mich selbst vererbt! Selbst meine Zeugung zweifle ich an.

Nein, ich bleibe tatenlos; ich schwebe bloß so durchs Leben – und das kann ich genießen, wenn mich die Quälgeister nicht allzusehr stechen.








(14.8.2018)










©Peter Alois Rumpf    August 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

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