1058 Ich pfeife auf den Gurkenkönig aus Bayern
Angenehme, schöne Musik aus Peru (Chichas). Kalter Kaffee,
der mich schön macht. Das habe ich wirklich/ein wenig/überhaupt nicht nötig
(Zutreffendes bitte ankreuzen!). Den Kopf ganz verdreht am aufgestützten linken
Arm aufgestützt. Manchmal schiele ich durchs Fenster nach draußen – so aus dem
schiefen Kopf heraus. Ich pfeife auf den Gurkenkönig aus Bayern. Ich
spiele mit dem Kugelschreiber, der eigentlich ein PILOT EL-62-5-B ist,
rhythmisch mit der Musik. Ich steh auf, um die Zeitung zurückzulegen und um
andere Perspektiven zu haben.
Zarte Wesen mir erschrockenen Augen schweben vorbei. Das
Festnetztelefon läutet. Die Heilige Maria schaut mit nicht ganz echt wirkend
geneigtem Kopf züchtig zu Boden, daneben – wenn ich mich nicht täusche – der
Qualtinger, der in einer Sprechblase „das Iglu brennt“ sagt. Eine
gewaltig-gewagte Zusammenstellung.
Bevor ich aufs Klo gehe, platziere ich mein Notizbuch ganz
bewußt, das rote Band einmal verdreht und dann in einem nach links verlaufenden
Bogen hingelegt, ein kleines Haar auf die linke Seite oben nahe dem Falz getan,
zwei Stäubchen verteilt und präge mir alles genau ein, damit ich weiß, ob
jemand an meinem Notizbuch war, etwas vom Text gestohlen hat oder Fremdes dazu
geschrieben. Beim Zurückkommen ist mir nichts aufgefallen; vielleicht aber
auch, weil ich schon wieder alles vergessen hatte. Also, liebe Leserinnen: bei
ungewöhnlichen Textstellen: möglicherweise fehlt etwas, oder es hat wer was
hinzugeschummelt.
Wenn man sich vor das Marienkippbild stellt, schaut sie in
eine andere Richtung, nach rechts, und ihr Blick ist noch trauriger und
schmerzhafter und sie ist am Bild noch ganz jung.
Manche Gesichter machen von vorn einen ganz anderen Eindruck
als von der Seite, womit ich jetzt nicht die Maria vom Kippbild meine, denn auf
beiden Varianten schaut sie ungewöhnlich traurig und bedürftig aus, während ich
glaube, daß die echte Maria eine große Zauberin war, sonst hätte sie nicht in
den Himmel auffahren können. Mariae Himmelfahrt feiern wir übermorgen (das hier
ist Preparacion).
In diesem Gewölbe, eingerichtet im modernen Espresso-Stil
der frühen Sechzigerjahre – aber geschmackvoll und mit Intelligenz – es kommt
überhaupt kein Retrogefühl auf. Vielleicht erstehen alle meine Kindheits- und
Jugend-Erwartungen, Hoffnungen und Illusionen von den Toten, aber ohne den Mief
von damals. Und eine junge Platane bewegt ihre Zweige und Äste für den leichten
Wind. Mit kommen fast die Tränen vor Glück. (Obwohl ich mir manche Unarten
nicht abgewöhnen kann.)
Am Heimweg habe ich einer Bettlerin und einem Bettler (Yin
und Yang) je zwei Euro gegeben, um das Universum zu bestechen. Damit es mich
nicht bestraft, weil ich glücklich bin. Was? Ich mißbrauche die Bettler für
meine Zwecke? Dafür erwarte ich heute auch nicht, daß sie dankbar sind.
P.S.: ich nehme an, alle wissen, daß wir pfeifen auf den
gurkenkönig ein Buchtitel von Christine Nöstlinger ist. R.I.P.
(13.8.2018)
©Peter Alois Rumpf August
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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