Freitag, 10. August 2018

1054 Maria und Josef


In der christlichen Tradition kommt der Heilige Josef als Nährvater eigentlich nicht so gut weg. Seine Frau bekommt ein Kind von „Gott“, er muß sich sozusagen unter diese Übermacht ducken und man kann schon den Eindruck haben – so wie die Geschichte vermittelt und tradiert wird – was ja nicht heißt, daß sie so stattgefunden hat: daß der Josef eine Nebenfigur war und das eigentliche Paar sind Jesus und Maria, also Mutter und Sohn. Die obszöne Mutter-Sohn-Ehe - nicht der Mann, sondern der Sohn ist der Partner und die wichtigste Bezugsperson der Frau – ist eine typische Erscheinung des Patriarchats – ich kann mich noch genau ans Schlafzimmer meiner Großeltern erinnern, wo – wie damals ganz üblich – Bilder von Jesus und Maria – gleichaltrig – hingen und im Gästezimmer dahinter ein Kriegsbild des bevorzugten Sohnes, nämlich meines Vaters als SS-Mann – die Runen wegretouchiert und in aufwändigem Rahmen – diese Mutter-Sohn-Ehe ist ja brandgefährlich, vor allem für die Töchter (Darin folge ich W. Döbereiner, der das Ganze als Matriarchat bezeichnet, worin ich ihm nicht folge), wie sich ja auch in der Kirchengeschichte zeigt: Mutter Kirche hetzt ihre kastrierten Nabelschnursöhne vor allem auf ihre weibliche Konkurrenz (so in etwa Döbereiner): die Hexen und Zauberinnen als weibliche Orientiererinnen, Heilerinnen und Transzendenzvermittlerinnen.

Irgendwann hat mich dieses Josefsbild zu stören begonnen, denn immerhin hat Josef genug Energie gehabt, den Engel, der ihn vor dem Bethlehemitischen Kindermord warnte, wahrzunehmen und zu verstehen. Damit das klar ist: zu allen Betroffenen dort in Bethlehem ist der zuständige Engel gekommen und hat ihnen gesagt: „Steh auf! Nimm das Kind und seine Mutter und fliehe ...“. Josef war der Einzige, der ihn gehört und ernst genommen hat. „Engel“ sprechen dauernd zu uns und wollen uns leiten, wir sind nur zu sehr mit unserem Ego beschäftigt um ihn zu hören und zu sehen. Wobei ich vermute, daß es sich beim „Engel“ in dieser Geschichte um den „energetischen Zwilling“ (C. Castaneda) handelt, unseren „Doppelgänger“ aus reiner Energie, der sieht und mit uns, aber auch direkt mit der Transzendenz verbunden ist und weiß, was los ist. (In der christlichen Tradition würde dem am ehesten die Vorstellung des Schutzengels entsprechen)

Da also Josef zu dieser Wahrnehmung fähig war, muß er ein guter Seher gewesen sein – und ein solcher ist zwar demütig und nimmt die Vorgaben des Transzendenten (oder wie Sie das Dings nennen wollen) an, aber er ist kein Seicherl, wie er als „Nährvater“ oft rüberkommt.

Mir ist aber ganz wichtig festzuhalten: ich weiß nicht, was alles zwischen Himmel und Erde möglich ist; ich weiß nur, daß es tausendmal mehr ist, als es uns unser Pimperl-Alltagsbewußtsein vorgaukelt (wir nutzen zum Aufrechterhalten dieser unserer Alltagswelt nur Promille unserer angeborenen menschlichen Fähigkeiten). Also halte ich es für möglich, daß im sozusagen transzendenten, energetischen Bereich eine rein energetische Begegnung stattfinden kann, aus der ein Kind entsteht. Wie gesagt, ich halte so etwas für möglich, weiß es aber nicht, ob es wirklich so war oder sein kann, denn ich bin kein Seher. Wie, so vermute ich, auch meine Leserinnen und Leser nicht sind. Anfügen möchte ich noch, daß jede „normale“ irdische Zeugung auch einen energetischen, Diesseits-transzendierenden  Aspekt hat.

Viele, die eine – wie soll ich sagen – rein transzendente Zeugung für unmöglich halten, meinen dann: Josef war halt der wirkliche Vater Jesu und alles andere wurde in Glorifizierungsabsicht dazuerfunden. Das kann natürlich auch sein. Wir wissen es nicht.

Aber wenn nicht durch ein überirdisches Wunder, dann kommt mir eine ganz andere Variante viel plausibler vor. Ich betone an dieser Stelle nochmals, daß ich es nicht weiß und das eine reine Spekulation von mir ist.

Es gab in der Antike Gerüchte, daß Maria mit einem römischen Soldaten namens Panthera herumgemacht habe und der Vater Jesu dieser römischer Soldat sei. Das kann natürlich bloße Gegenpropaganda und Desinformationskampagne in den antiken Auseinandersetzungen gegen das und im Christentum gewesen sein. Für mich ist aber auch denkbar, daß sie von einem römischen Soldaten vergewaltigt wurde – die Unterstellung, ein Soldatenflittchen zu sein, widerspricht dem nicht, denn in patriarchalischen Gesellschaften wird immer der Frau die Schuld gegeben.

Zur damaligen Zeit war es üblich, die Kinder sehr früh zu verheiraten, wie es in Clan-dominierten Gesellschaften häufig ist. Das war nach damaliger Rechtsauffassung ein gültiger Ehevertrag (wie zwischen Josef und Maria). Die beiden Kinder - oder wenn der Mann schon erwachsen war (vermutlich die häufigere Variante): nur das Mädchen - lebten so lange unter elterlicher Aufsicht, bis sie als alt genug für den Vollzug der Ehe, also für den Geschlechtsverkehr, angesehen wurden. Dann zogen sie zusammen, respektive das Mädchen zum Mann („Heimholung“) und üblicherweise begann damit auch das eheliche Geschlechtsleben.

Damals gab es in Israel wegen der römischen Besatzung die Tendenz, auch die Heimholung möglichst früh anzusetzen, denn für die römischen Besatzungssoldaten waren – wie immer und überall – die jungen Mädchen Freiwild, sodaß es zu zahlreichen Vergewaltigungen kam. (Blödsinn: es „kam“ nicht zu Vergewaltigungen: die Soldaten vergewaltigten viele Mädchen.) Bei verheirateten und mit einem Mann zusammenlebenden Frauen scheinen diese Machos zurückhaltender gewesen zu sein, denn dann bekamen sie es mit dem Clan des Mannes zu tun. Die Vergewaltigung eines unbemannten Mädchens schien weniger gefährlich zu sein, denn auch für den Clan des Mädchens war diese damit erledigt und eine Schande für die Familie, wie es in solchen patriarchalischen Gesellschaften oft zu beobachten ist. Sie wurde als Hure angesehen und war nach damaligem Recht wegen unerlaubten Geschlechtsverkehrs zu steinigen. Dieses himmelschreiende Unrecht gibt es ja noch heute in vielen Ländern – in manchen Gesellschaften muß der Vater oder der Bruder das Mädchen töten, auch wenn sie vergewaltigt worden ist und auch bei uns gibt es das, abgeschwächt zwar und in „zivilisatorischer Verkleidung“ (W. Döbereiner), wenn ich an Mütter denke, die ihre Tochter einem Mann überliefern, der ihnen selber gefällt, aber die Tochter ohrfeigen, wenn sie mit einem Kind nach Hause kommt.

Zurück zu Josef und Maria.
Als Josef sieht, daß seine sehr junge Verlobte schwanger ist, müßte er sie als rechtschaffener und gesetzestreuer Mann anzeigen und somit der Hinrichtung ausliefern. Das tut er nicht. Er entläßt sie aus dem Ehevertrag und will seiner Wege gehen. Im Kontext der damaligen Männlichkeitsvorstellungen schon eine äußerst großzügige Tat beziehungsweise Unterlassung, die mir diesen Mann sehr sympathisch macht, denn sie zeugt von Souveränität und Stärke.

Dann – so wird erzählt – erscheint dem Josef ein Engel und sagt ihm, er soll Maria nicht wegschicken, sondern heimholen und als seine Frau annehmen. Dadurch gilt das Kind rechtlich und auch sonst als sein Kind und Maria ist nicht mehr von einer Hinrichtung bedroht. Er hört auf den Engel und macht das!

Zu dieser Version – und ich betone es zum dritten Mal, daß das meine reine Spekulation ist, die mir zwar plausibler als andere Versionen erscheint – was ja nicht allzuviel heißt – zu dieser Version würde gut passen, daß dieses Ereignis dann als Christentum aufs römische Reich sozusagen „zurückgeschlagen“ hat.

Jedenfalls ist in dieser Version der Geschichte Josef ein wahres männliches Vorbild, an dem mann sich orientieren kann und keinesfalls eine schwächliche Nebenrolle.








(9./10.8.2018)












©Peter Alois Rumpf    August 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite