894 Bewegungsloses Zittern
Ich wache angenehm um Vieruhrfünfundvierzig im warmen Bett
auf und fühle mich wohl. Kaum setzt dann ein paar Sekunden später das normale
Bewußtsein ein, packt mich die Panik, mein Herz klopft schnell und ängstlich
und bewegungsloses Zittern nimmt mir fast den Atem. Ein Knoten im Bauch, ein
Würgen im Hals. So hat der heutige Tag begonnen.
So beginnt fast jeder Tag.
Meine erste Tagesarbeit ist, mich zu beruhigen. Das ist
harte Arbeit, denn innerlich laufe ich schreiend vor Angst herum. Und mir geht
jetzt nach vierundsechzig Jahren fürs Tapfer-Sein allmählich die Kraft aus. Aber
gut. Nochmals und nochmals versuche ich diesen panischen, vernichtenden Wellen
standzuhalten.
Nicht souverän, nicht elegant, sondern zitternd wie ein
gejagtes Tier, das sich in ein Versteck geflüchtet hat und nicht weiß, ob es
dort vor den überlegenen Jägern sicher ist.
Nur so irgendwie halte ich stand, wenn man das überhaupt
Standhalten nennen kann.
Das ist kein Leben! Nein, so etwas ist kein Leben!
Aber diese Lebensangst, genau das ist mein Leben! So
schaut es aus. Mein ernstes und besonnenes Gesicht zum Beispiel oder auch jedes
andere schönere oder blödere ist nur eine Maske, das ständige Entsetzen zu
verbergen; die hunderten Bücher vor mir und hinter mir in den Regalen und
draußen im Vorzimmerkasten – das sind Amulette und Poller und Prellsteine gegen
die heranfahrende Angst.
Jetzt ist es nicht mehr zu überspielen. Jetzt nicht. Jetzt
würgt mich die Erbärmlichkeit meiner Existenz. Und es gibt nichts, woraus ich
Sicherheit gewinnen könnte. Kein „aber ich bin der und der und habe dieses und
jenes geschafft“. Ich habe keine Waffe, kein ordentliches Schild.
Was kann ich tun? Egal! Ich atme einfach. Und wie immer das
ausgeht – ich trage dazu bei, daß das Universum sich seiner selbst bewußt wird.
(20.3.2018)
©Peter Alois Rumpf März
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite