888 Konsequent und stur
Vorm Einschlafen
Ich lasse die kalte Luft herein – in Erinnerung an den
ersten warmen frühlingshaften Tag heute. Die Nächte sind noch kalt, aber ich
lasse dieses lebensnotwendige Gasgemisch herein.
Ich bin fröhlich. In erster Linie nicht unbedingt wegen des
schönen Wetters am heutigen Tag – ich bin gerade mit meiner Schreiberei sehr
zufrieden. Nicht unbedingt mit jedem einzelnen Text, aber mit vielen. Ich habe
nämlich ein wenig in meiner Schublade geschmökert. Ich bin dabei nach dem
Zufallsprinzip vorgegangen: ich habe konsequent und stur immer den letzten
Titel ganz unten in der Spalte rechts angeklickt, die neue Seite tut sich auf
und mit ihr eine neue Spalte und dann wieder den untersten Titel und so
weiter. Die meisten Texte hatte ich schon längst vergessen und ich war
erstaunt, mitunter begeistert über das, was ich da zu lesen bekam (auf Inhalt
und Formulierungskunst bezogen). Ich bin fröhlich, glücklich und zufrieden.
Mein Leben hat doch einen Sinn! Im Moment weiß ich, ich kann schreiben.
Ich stoppe für heute meine Schreiberei; vielleicht kann ich
so die Euphorie bewahren.
Nach dem Aufwachen
Die Stadt rauscht in ihrer frühlichen Betriebsamkeit beim
offenen Fenster herein, ich genieße diesen Morgen warm eingehüllt im Bett
liegend mindestens so wie meinen späten gestrigen Abend. Ich bin glücklich und
wie zur Bestätigung beginnt in der Ferne eine kleine, etwas scheppernde
Kirchenglocke zu läuten. Kurz; zur Wandlung vielleicht? Wurde tatsächlich
Tonal-Material in Nagual-Essenz rückverwandelt? Ist das wirklich gelungen? Das
wäre erst recht ein Grund zu großer Freude. (Halleluja!)
Die kalte, morgendliche, ein wenig muffig riechende
Lichtschachtluft diffundiert bis zu mir her, der ich da hinten im Winkel im
Bett kauere.
Die Fröhlichkeit beim Einschlafen hat sich über Schlaf und
Träume hinweg bis jetzt, zwanzig Minuten nach dem Aufwachen, gehalten. Wobei
dieser meiner Fröhlichkeit durchaus etwas innerweltliches anhaftet – zu meiner
Überraschung. Komme ich allmählich wirklich in dieser unseren Welt an? So spät?
Hm! Ich wundere mich und staune.
Oh! Und eine Krähe schreit! Ich nehme das als gutes Omen
(wiewohl ich von Omina nichts verstehe). Legen wir eine Karte!
Raus aus dem warmen Bett, zum Schreibtisch ans offene
Fenster – ganz schön frisch! Im gleich gegenüber liegenden (?) Gangfenster sehe ich den
wirklich freundlichen, stillen Mann vom Reinigungsdienst, der hier einmal in
der Woche alles sauber macht. Ich freue mich jedesmal, wenn ich ihn sehe, denn
der Mann hat eine gute Aura. Ich stelle mir immer vor, er kommt aus
Bosnien-Herzegowina, jedenfalls ist er aus Ex-Jugoslawien.
Ich nehme den Kartenstapel, mische die Karten – der fallende
Turm hatte wirklich schon zu lange regiert – während dessen streift mich
kurz ein wenig Nervosität und Ängstlichkeit – dabei trete ich vom Fenster weg
zu Seite – schließlich bin ich noch im Pyjama – und ziehe dann: die
Herrscherin.
Nun, ich weiß nicht viel über die Tarotkarten und ihre
Bedeutungen; rein assoziativ würde ich sagen: im Matriarchat angekommen? Das
Matriarchat angenommen? Was immer das heißt.
Jedenfalls freue ich mich auf den heutigen Tag.
Ich drehe mein Nachtkastllicht ab und bleibe noch ein wenig
im Bett um zu launeln.
Ist es eine Meise, die ich da rufen höre?
(8./9.3.2018)
©Peter Alois Rumpf März
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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