883 Zubettgehen
Ungewöhnlich früh habe ich mich ins Bett gelegt, denn ich
bin sehr müde. Geradezu erschöpft von einem freien Tag und den Anstrengungen
der Seele. Es ist leicht zu sagen: ich denke zu viel. Richtiger: ich grüble zu
viel. Mir fehlt die Leichtigkeit. Ich fühle mich überfordert, dort, wo ich
meinen Mann stehen sollte und unterfordert dort, wo ich glaube, daß meine
Talente lägen. Sicher bin ich mir dessen jedoch nicht mehr.
Das Zubettgehen löst mitten in Trauer und Schwermut große
Freude aus: endlich kann ich alles ablegen, alle Ansprüche und alles
Unerledigte für heute gut sein lassen; ich habe nichts mehr vor.
Endlich genieße ich soetwas wie Ruhe; ich bin der tiefen Stille
ein paar Millimeter näher, mögen die Gedanken noch so herumsausen und
irgendwelche Bilder und Phantasien immer wieder an mir herumzerren.
Unwillkürlich und ohne Vorsatz atme ich ein paarmal ganz
tief. Ich fühle große Trauer und seelischen Schmerz in mir, aber die sind
zurecht anwesend und ich kann sie annehmen. Sie zerstören die Ruhe und die
stille Freude nicht. Sie sind angemessen.
Bei dieser Erkenntnis hat das Surren in meinen Ohren einen
Knall veranstaltet, gefolgt von einer halben Sekunde absoluter Stille und hat
dann heftig und laut in einer anderen Tonhöhe wieder eingesetzt.
Ich bin glücklich hier im Bett, warm eingehüllt und mit dem
Tag abgeschlossen, egal, was er wiegt.
Wenn ich mag, kann ich noch etwas lesen.
(1.3.2018)
©Peter Alois Rumpf März
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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