Freitag, 16. März 2018

890 Ich muß gut zu mir reden


Gestern Abend in der Arbeit im Callcenter hat es angefangen. Eine leichte Übelkeit, leichte Probleme mit der Wahrnehmung, leichtes Verschwimmen des Gesichtsfeldes. Die monotonen Klingelgeräusche im Kopfhörer, das Starren auf den flimmernden Bildschirm mögen so eine leichte Wahrnehmungsverschiebung vielleicht etwas fördern. Irgendetwas stimmte nicht ganz, aber alles schien noch im grünen Bereich. Den Heimweg bin ich langsam und bedächtig gegangen.
Zu Hause dann um zehn Uhr abends ist es losgegangen: heftigste Übelkeit, Wahrnehmungsstörungen, als wäre ich auf einem schlechten Trip. Panikattacken, die ich gerade noch so halbwegs abbremsen konnte, daß ich nicht einfach aus Angst losschreie. Aber auch dafür wäre ich zu schwach gewesen. Ich wußte nicht ob sitzen oder liegen, beides löste große Angst und Übelkeit aus: beim Sitzen konnte ich mich nicht aufrecht halten, beim Versuch mich hinzulegen Panik vorm Untergehen. Ich glaubte, mein letztes Stündlein hat geschlagen.

Zuerst dachte ich an eine Herzgeschichte. Aber ich spürte kein Ziehen, keinen Schmerz beim Herzen und mit dem linken Arm schien alles in Ordnung zu sein. Habe ich etwas Schlechtes gegessen? Eher nicht. Es fühlte sich nicht wie verdorbener Magen an. Kein Durchfall, die Übelkeit spürte ich auch im Bauchbereich, aber anders als bei verdorbenem Magen. Obwohl es so ein heftiges körperliches Phänomen war, vermutete ich eher etwas Psychisches, denn es war ein Gefühl, sich aufzulösen. Außerdem fiel mir ein, daß mir schon ein paar Tage vorher, beim Anschauen eines alten Familienvideos, schlecht wurde und ich vom Film weggehen und mich hinlegen mußte, weil ich es nicht aushalten konnte, mich da agieren zu sehen: wie ich mich bewege, wie ich rede, wie ich mit meinen damals noch kleinen Kinder umtue: ich hielt mich selbst nicht aus.

Also jetzt wieder, aber viel heftiger. Ich nehme einen Gegenstand und presse ihn gegen meinen Bauch, um mich wieder etwas zu zentrieren. Das brachte ein bißchen Erleichterung, so viel, daß ich wieder etwas klarer denken konnte. Schließlich ließ ich mir einen Kübel bringen – an Aufstehen und Herumgehen war nicht zu denken – alllles drehte sich – und ich stecke den Finger in den Hals um den Reflex des Erbrechens auszulösen, der, so viel mir ein, oft geholfen hat.

Ich erbrach ein wenig (übrigens von eigenartigem Aussehen und Konsistenz - ekelempfindliche Gemüter bitte nicht weiterlesen! - Weder sah das aus wie der übliche halbverdaute Nahrungsbrei, auch nicht wie das grüne Zeugs, das hochkommt, wenn nichts mehr im Magen ist, sondern es sah eher so aus wie das, was Katzen auskotzen, wenn sie Gras gefressen haben, nur ohne Grashalme. Braun wie Scheiße. Soetwas hatte ich noch nie gesehen.) Dieser ausgelöste Kotzreflex brachte tatsächlich Erleichterung und ich konnte auf die Toilette wanken. Die Sitzung dort dauerte länger und brachte schließlich noch mehr Erleichterung. Wichtig: kein Durchfall! Fühlt sich tatsächlich nicht nach verdorbenem Magen an. Ich wusch mich dann gründlich, so gut es ging.

Alles sehr eigenartig. Jetzt, am Morgen, fühle ich mich noch immer ziemlich flau, als befände ich mich auf schwankendem Grund (Ergänzung 16.3.: auch heute noch), ich kann jederzeit in die Panik abrutschen. Meine surrenden Sirenen haben Hochbetrieb und einen anderen, „fetteren“ Ton. Die Gedanken rasen durch meinen Kopf und manche lösen Angstzustände aus. Ich muß gut zu mir sein und vor allem: gut mit mir reden.








(14.3.2018/ überarbeitet 16.3.)











©Peter Alois Rumpf    März 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite