633 Mister Krabs
Verschoben. Meine Gestalt ist verschoben. Mein Hals ist
größer und mehr ins Zentrum gerückt. Die Augen ebenfalls größer und auf den
Kopf oben hinaufgerutscht. So fühlt es sich von innen an. Meine Gestalt ist wie
durch einen inneren Felssturz auseinandergebrochen und jetzt ineinander
verschoben. Nur daß sich die Verschiebungen nicht unbedingt an die irdische
Schwerkraft halten. Es ist eine andere Schwerkraft, die von allen Seiten
gleichzeitig zieht und gleichzeitig drückt.
Vom aufgewirbelten Staub ist mein Blick getrübt; Schlamm und
Wasser drohen hintennach zu kommen. Ich fühle mich eigenartig an. Was wird da
noch? Wie sehe ich aus? Wie eine Krabbe? Mister Krabs? … Nun fühlt sich mein Kopf groß und schwammig an und nach unten gerutscht, er nimmt den Körperbereich ein,
den man normalerweise Rumpf nennt. Diese Ausweitung geht jedoch auf seine
Substanz, die poröser geworden ist.
Jetzt legt sich der Schwerpunkt immer mehr an die Fußsohlen,
wechselt sich jedoch mit den Handflächen ab.
Das Gefühl der Fremdheit flaut allmählich ab; ich
materialisiere mich immer deutlicher in meiner normalen Gestalt. Die Option
überzuwechseln ist aber noch da, obwohl sie schwächer wird.
Manchmal denke ich, ich lebe nur noch aus Gehorsam hier.
Keine Ahnung wem gegenüber. Sinnvolle Visionen und Ziele sind mir abhanden
gekommen; das In-sich-Hineinhorchen bringt nichts. Ich höre nichts. (Oder ich verstehe
nichts.) Ein paar
desillusionierte Illusionen geistern noch herum und manchmal tue ich so, als
würde ich ihnen glauben.
Jetzt fühle ich mich hohl an, nur mein Herz hängt an einem
dünnen Faden im hohlen Innenraum, einer halbwegs leer geräumten Rumpelkammer.
Oder wie eine fleischliche Glocke in einer ovalen Glockenstube, wenig Zeug
liegt herum, ein paar Verstrebungen und Stützen laufen durch den hohlen Raum.
Dieses Empfinden, dieses Bild verflüchtigt sich wieder. Und
jetzt scheint es meine Lesebrille zu sein, die diese amorphe Masse von außen
zusammenhält. An den Stellen, wo sie auf den Klumpen aufliegt und aufdrückt,
kristallisiert sich die herumirrende Aufmerksamkeit.
Ich glaube, ich werde diesem Spuk bald ein Ende bereiten;
irgendwo in mir regt sich Ungehaltenheit mir einem deutlichen Anflug von Zorn.
Eine Kraft will reinen Tisch machen. Noch weiß ich nicht, ob mir diese Kraft
fremd oder vertraut ist, aber ich spüre, ich werde ihr nachgeben.
Es kommt anders als erwartet. Ich schäle mich einfach aus
all dem heraus.
Ich wäre ein darwinistischer Gott; einfach alles ausstreuen,
aussäen, und dann kaltblütig, aber mit voyeuristischem Eifer zuschauen, wie
sich alles so abstrudelt und abkämpft und hochzukommen versucht. Helfend
eingreifen würde ich nicht, aber manchmal den Finger in die Erde bohren um zu
schauen, was passiert, nur weil ich ungeduldig und neugierig und letztlich auch
überfordert bin. Wer setzt sich durch? Wer geht unter? Und jetzt, wo ich
herumgezupft habe? Der Kampf aller gegen alle um Platz, Licht, Nahrung. Nicht
wie ein liebender, sorgfältiger Gärtner, sondern wie ein empathieloser Kretin,
ein Egomane, der seine naturwissenschaftlichen Experimente durchführt und es
sich dabei nicht verkneifen kann, dazwischenzufunken und sadistisch
herumzuspielen. Ach! Gottseidank bin ich kein Gott, sondern bloß ein Narr, der
seine Blumenkisterl am Fensterbrett betrachtet und gießt.
So, jetzt machen wir nocheinmal reinen Tisch! Und Schluß!
Aus! Ende der Durchsage!
(16.3.2017)
©Peter Alois Rumpf
März 2017
peteraloisrumpf@gmail.com
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