555 Erste feministische Lehrstunden
Als die ersten Feministinnen in meinem grazerisch –
studentischen Umfeld auftauchten; oder richtiger gesagt: als ich in dieses
Umfeld eintauchte, einem Umfeld, von den vier, fünf, sechs, sieben Jahre
zurückliegenden Achtundsechziger-Revolten geprägt, links, fortschrittlich,
emanzipatorisch, fortschrittsgläubig und auch schon skeptisch, ja, da war auch
ich voller Illusionen. Eine, die mir heute sehr lächerlich vorkommt, war, daß
mein Nicht-ganz-richtig-Mann-Sein, diesen Frauen gegenüber, die ja gegen die
Männerdominanz kämpften, ein gewisser Vorteil sei. Schließlich war ich ja kein
dominanter Mann. Und die Machos fürchtete ich selber auch. Mit ihrer Gewalttätigkeit,
verbal und nonverbal, bin ich nicht zurecht gekommen.
Daß ich kein richtiger Mann respektive Bub sei, habe ich ja
wegen meiner Schüchternheit, Dualitätsschwäche und Kampfunfähigkeit meine ganze
Kindheit und Jugend herauf als ständiges Mantra gehört.
Man könnte das fast einen geschwisterlichen Zugang nennen,
den ich da zu diesen Frauen versuchte, aber verwirrt und verschwommen wie ich
war, machte ich mir durchaus auch Hoffnungen, über diese Schiene bei diesen
starken Frauen – natürlich auch mehr oder weniger stark – zu landen und der
einen oder anderen auch erotisch näher zu kommen. Oh! Das ist eine sehr blöde
Mischung! Mein Gott, ich mußte das dann auf eine für mich sehr harte Art
lernen, dieses grundlegende Mißverständnis zu durchschauen und zu begreifen.
Zunächst einmal muß festgehalten werden, daß auch ich als
„gescheiterter“ Mann diese ganzen Machovorstellungen in mir hatte, sonst hätte
ich mich ja ohne ein solches Bild als Vergleich gar nicht als gescheitert
definieren können; das heißt, so sehr ich unter diesen Männlichkeitsidealen
litt, so sehr hatte ich sie in Wirklichkeit verinnerlicht.
Und auch diese klassischen patriarchalischen Frauenbilder
Jungfrau, Mutter, Hure; wenn auch das Mutterbild kälter, rigider, abweisender
als in der klassischen überlieferten Dreifaltigkeit war, und viel stärker von
emotionaler Distanz geprägt.
Diese frauenfeindliche Dreifaltigkeit wurde mir übrigens
viel stärker von der Mutter „gelehrt“ als von meinem Vater. Diese seine
Herkunftsfamilie war in den Generationen vorher viel stärker von einem – nennen
wir es – slawisch-katholischen Laissez-faire geprägt als die Herkunftsfamilie
meiner Mutter. Meine Großmutter väterlicherseits hatte schon vor der Ehe mit
meinem Großvater ein Kind aus einer anderen Beziehung; sie selber war die
Tochter aus der unehelichen Verbindung ihres Vaters mit seiner Lebensgefährtin.
Die konnten nicht heiraten, weil mein Urgroßvater schon verheiratet war, aber
er hatte seine Ehe verlassen, als ihn seine Arbeitskollegen darauf aufmerksam
machten, daß ihn seine Frau – wenn ich die Erzählungen noch richtig beisammen
habe - mit dem Bettgeher betrügt. Bettgeher waren damals Arbeiter, die sich
keine eigenen Haushalt leisten konnten und sich deswegen das Bett eines
Schichtarbeiters für die Zeit gemietet hatten, wo dieser in der Schicht
arbeitete und der Bettgeher dann die jeweilige Gegenschicht machte. Scheiden
lassen konnte sich mein Urgroßvater nach damaligem Recht nicht, aber er ging
dann halt eine neue, „illegitime“ Beziehung ein, der u.a. meine Großmutter
entsprang. Dieser Vorfahre war übrigens ein ein Slowene aus der Untersteiermark
(slovenska Štajerska), mir wurde erzählt, ein tief religiöser Mann, der in
seiner Jugend eigentlich Priester werden wollte, es aber nach dem damaligen
Kirchenrecht als uneheliches Kind nicht durfte.
Diese Abschweifung war nicht unwichtig, um zu zeigen, daß es
bei strengen Traditionen durchaus legeren, situationselastischen Umgang mit
derselben geben kann und ich meine das positiv und nicht zynisch. (Außerdem ist
mir zu erstenmal bewußt geworden, daß es unter meinen Vorfahren schon einen
gegeben hat, der so wie ich in seiner Jugend Priester werden wollte und es
nicht durfte. Obwohl ich alle Fakten kannte, habe ich diese Parallele noch nie
gesehen. Das könnte das Thema einer nächsten Aufstellung werden.)
Um zum Thema zurückzukehren: der rigidere Anteil, auf das
Frauenbild bezogen, kam also von meiner Mutter, deren Herkunftsfamilie sehr von
- in ländlich-bäuerlichen Dimensionen gedacht -
Großbürgervorstellungen und vom Nationalsozialismus beeinflußt war. Das
natürlich auch nicht widerspruchsfrei. Aber es war meine Mutter, die mich, als
ich in meiner frühen Jugend einmal wegen einem Mädchen unglücklich
dreingeschaut habe, gefragt hat, ob die denn eine Hure sei. Das war es, das sie
überall gewittert hat.
Mit dieser unheiligen Frauenbilddreifaltigkeit glaubte auch
ich wirklich, wenn eine Frau nicht „vergeben“ ist – also von einem Mann
„abgedeckt“, aber „willig“ ist - also auf Jungfräulichkeit keinen Wert legt –
dann steht sie allen Männern zur Verfügung und auch ich müßte bei einer solchen
eine Chance haben, denn andere Kategorien hatte ich in diesem Modell nicht zur
Verfügung. Oh mein Gott! „werch ein illtum!“ (Zitat setzte ich voraus.)(Sei
nicht so hochnäsig!)( Also gut: ernst jandl)
Und ich mußte es auf harte Art lernen, daß eine Frau zwar
auf Abenteuer aus sein kann, mit dem, mit dem, mit dem dort auch, aber trotzdem
nicht mit mir. Auf dem Weg vieler Enttäuschungen (im wahrsten Sinn des Wortes)
und Gottseidank war ich so schüchtern und reagierte mit Rückzug – so ein
Psychogemenge kann auch explosiv sein. Aber schon lustig! Ein gescheiteter
Macho und hat trotzdem noch so viel Machismo in sich! („antrainiert“).
Aber ich habe dazugelernt; durch Erfahrung, durch lesen –
ich habe damals viel feministische Literatur studiert, Erfahrungsberichte von
Frauen gelesen und damit ihre Wahrnehmungen solcher gesellschaftlicher Regeln
und Muster kennengelernt – in unzähligen Diskussionen, ob deklarierte oder
zufällig entstandene, ob öffentliche oder mehr noch in kleinen Gruppen am
Mensatisch, im privaten Rahmen der Wohngemeinschaft zum Beispiel, ob ich nur
zugehört habe, oder gar mitgeredet – ich habe mich dabei von vielen
Selbstverständlichkeiten verabschieden müssen, viele „Prachtelemente“ meines
mühsamst aufrecht erhaltenen Selbstbildes als Mann als wertlosen Plunder
erkennen und über Bord werfen müssen, eines Selbstbildes, das sowieso schon
mehr aus Trümmerresten zusammengepickt war, die kaum zusammenhielten.
Es war nicht leicht für mich damals, wenn ich in eine Disco
gegangen bin und eine Frau mich angeschnauzt hat, daß solch ein Typ, wie ich es
bin, hier überhaupt nichts verloren hat und auf meine erstaunte und hilflose
Frage, wieso, die Antwort kam, „ja, schau, genau deswegen! Was fragst so
teppert, du Weichei!“ (das war eine normale Disco, kein Hardrockbude.) und
viele andere Nadelstiche dieser Art. Was blieb von meinem restpositiven
Selbstbild über? Nichts. Gar nichts! Und ich versteh die gute Frau schon!
Inzwischen verstehe ich das gut (ich mein, eh schon längst).
Ich muß noch lachen, wenn ich daran denke, wie beim - meines
Wissens - ersten Frauenfest in Graz -
natürlich Eintritt nur für Frauen – mir eine Oberfeministin damals – zumindest
aus meiner Sicht war sie das – vorher bei uns in der Wohngemeinschaft
vorgeschlagen hat, mich dort hin aufs Frauenfest mitzunehmen. Mir war das nicht geheuer, denn trotz
all meiner Illusionen und Verdrehtheiten war ich sensibel genug, zu verstehen,
daß ich da nichts verloren habe. Aber sie hat mich, ihren braven Schüler in
Sachen Feminismus, überredet, mitzukommen. Der Sinn des Ganzen war mir zunächst
völlig schleierhaft, aber Nein-Sagen war nicht meine Stärke und so bin ich
voller unbehaglicher Gefühle mit.
An der Tür heißt es dann von einer Türsteherin „Eintritt nur
für Frauen!“ „Und was machen die Männer da hinten?“ fragt meine Begleiterin.
„Die sind von der DSU (oder war es die FÖJ?) und müssen noch etwas in der Druckerei
da hinten fertigdrucken. Dann gehen sie weg.“ Meine Begleiterin – kann ich
eigentlich nicht sagen, denn ich habe ja sie begleitet – wollte
aber weiterverhandeln und hat zur Türwächterin – übrigens eine liebe, sanfte
Frau, die mir noch alles erklärt hat, was mir ohnehin schon klar war, daß das
eine reine Frauenveranstaltung ist etcetera – die „Nicht-Begleiterin“ hat also
auf mich deutend noch zur Türwächterin gesagt, „aber der ist eh harmlos!“ Aha!
So verteidigt werden ist wie niedergeschlagen werden! Die Türsteherin hat noch
etwas geantwortet wie „für dich vielleicht, aber für eine andere vielleicht
nicht!“ Aber ich war froh, daß das überstanden ist, ich den Ort verlassen und
erleichtert nach Hause gehen kann (bin ich dann nach Hause gegangen? Egal!),
während meine nun Ex-„Begleiterin“ hinein zum Frauenfest ist.
Am nächsten Tag hat sie dann in der WG erzählt – sie war
nämlich die Freundin des iranischen Wohngenossen in unserer WG, der einer der
zwei Hauptbetreiber dieser Wohngemeinschaft war - daß später dann auf dem
Frauenfest – so wie sie es schon vorher erwartet hatte – dann doch sehr wohl Männer
aufgetaucht sind und eingelassen wurden, vornehmlich von der GRM unter Führung
des revolutionären Obergenossen Alf, der dort wieder seine üblichen großen
Reden schwingen und seine Sprüche klopfen konnte, von einem Teil der Frauen
angehimmelt. Und sie ergänzte, daß sie das so hat kommen sehen und mich genau
deswegen mitgenommen, um den Frauen dort auf dem Fest zu demonstrieren, wie
inkonsequent und widersprüchlich sie in ihrem Verhalten gegenüber Männern sind,
wenn sie einen harmlosen „Deppen“ - hat sie nicht gesagt – nicht reinlassen,
aber den gefährlichen Obergenossen schon, der schon seine Mädels als fünfte
Kolonne vorgeschickt hat, auf daß sie ihm die Tore öffnen, unter dem Vorwand,
daß es schließlich bloß um eine gemeinsame Plattform gehe, damit die junge
Frauenbewegung nicht in Nabelbeschau und ins Unpolitischen abgleite, denn
schließlich – worum geht es? Es geht darum, daß etcetera, etcetera, etcetera.
„Aha!“, habe ich mir gedacht, „muß ich mich wegen meiner
Rolle da geehrt fühlen?“ Fast habe ich mich gefühlt!
Lange habe ich auch gebraucht, um zu verstehen, daß mein
anfänglich vermuteter Vorteil, kein Macho zu sein, so wie ich es damals
auffaßte, äußerst fragwürdig ist. Die „geschwisterliche Annäherung“ ist, wenn
es ums Erotische geht, unangebracht, erst recht, wenn sich ein Mann einer Frau
wie ein Kind nähert. Kein Macho zu sein ist noch überhaupt keine Qualifikation
dafür, ein neuer oder besserer Mann zu sein. Aber das führt über diese Zeit und
mein Anliegen hier in diesem Text hinaus.
Trotzdem: ich bin diesen Frauen und speziell meiner
„Begleiterin“ und WG-Genossin auch heute noch dankbar für die Gespräche, Diskussionen und
Erfahrungen damals; sie waren ein wichtiger Anstoß für einen Nachdenk- und
Reifungsprozess, der, auch über eine desaströse Männergruppe, die meines
Wissens erste in Österreich, wo ich Gründungsmitglied war (Mitglied ist
gut!), bei mir zu einem ganz anderen Männerbild geführt hat, das letztlich auf
ganz andere Werte und Bilder beruht. Dafür waren aber auch noch – wie bei mir
so oft - die Bücher von Castaneda und vor allem seiner Gefährtinnen Florinda
Donner-Grau und Taisha Abelar wichtig.
Das alte „Mannsbild“ lauert noch irgendwo in den hinteren
Reihen meiner Seele auf Gelegenheiten, nach vorne keifen zu können.
(29./30.12.2016; angeregt durch einen Jugendfilm, den ich
mit einer meiner Töchter angeschaut habe.)
©Peter Alois
Rumpf Dezember 2016
peteraloisrumpf@gmail.com
1 Kommentare:
Mein Name ist Dr. Ogbidi, ich wurde in einem kleinen Dorf in Afrika geboren, ein würdiger Sohn von Meister Kebbi. Mein Vater hat mir das heilige Geschenk unserer Familie anvertraut, bevor er starb. Seit meinem zehnten Lebensjahr habe ich mich täglich der Erfüllung meiner Pflichten und der Hilfe für alle gewidmet, die zu mir kommen. Aus diesem Grund verstärken meine mächtigen Köpfe mit der Erlaubnis meiner Vorfahren meine Begabung für die des "Heiligen Führers". Deshalb musste ich außerhalb Afrikas und darüber hinaus reisen, um mein Geschenk in den Dienst der Bedürftigen zu stellen. Für den Fall, dass Sie meine Hilfe in folgenden Bereichen benötigen: Liebeszauber, Schwangerschaft und jede andere Art von Hilfe, zögern Sie nicht, mich per E-Mail an ogbidihomeofsolution1@gmail.com oder telefonisch unter / whatsapp zu kontaktieren: +2348052523829
Bis ich endlich meine Pflicht und mein Schicksal erfülle.
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite