329 Leerlauf
Endlich höre ich wieder die Amseln in der Morgendämmerung,
und – diesmal deutlich – den Autoverkehr. Der Wind bewegt einen der vier
offenen Fensterflügel, nur den linken äußeren, zuerst macht er ihn sanft zu,
dann wieder auf; und zwar lautlos, kein Tuschen und kein Kleschen. Dann rührt
er ihn nicht mehr an und er bleibt bewegungslos wie die anderen drei. Ich nehme
an, es war der Wind, aber es heißt ja auch, der Geist wehe wo er wolle. Welcher
auch immer.
Ich denke an den Wundertäter, aber es fällt mir dazu nichts
ein. Das stimmt nicht ganz; eingefallen ist mir schon etwas, aber beim
Schreiben hat es sich als nicht recht praktikabel herausgestellt; ich wußte mit
der Idee nicht weiter.
Jetzt höre ich aus dem Verkehrslärm einen kleinen LKW
heraus. Die kalte Morgenluft läßt mich nun husten.
Das Fenster ist wieder geschlossen und es ist still; bloß
eine fernes, kaum hörbares Pochen ist zu spüren. Ich spüre manchmal dieses
Pochen auch als einen leichten Druck im Ohr. Für den Herzschlag ist es mir zu
schnell. Außen oder innen, wo kommt es her? Jetzt klingt das Pochen mehr wie
ein Rotationsgeräusch einer fernen Maschine, aber eine Waschmaschine ist es
dennoch nicht; so lange und ausdauernd schleudert keine Waschmaschine. Das
Haustor fällt ins Schloß. Jetzt verflacht das Pochen etwas und klingt mehr wie
ein Motor im Leerlauf. Aber auch das ist es nicht, denn wer läßt schon den
Motor seines Autos mehr als eine halbe Stunde laufen? Leerlauf ist gut; mit dem
Wort kann ich mich anfreunden.
Also das Surren kommt aus mir, aber das Pochen? Jetzt höre
ich es nur noch und spüre es kaum, mehr eine Schwingung als ein Pochen. Es ist
eindeutig da. Ich versuche es mit einem unbekannten inneren Organ abzutasten,
vielleicht ein bisher übersehenes Echolot. Das Phänomen verändert sich unter
meiner Beobachtung. Zeitweise übertönen die schrillen Frequenzen des Surrens
das Pochen und ich muß es wieder suchen, wenn ich es hören will. Jetzt finde ich
es nicht mehr. Doch, da ist es wieder als ein unbestimmtes, weit entfernt
Geahntes, ganz weit weg, das aber langsam näher kommt, wenn ich meine
Aufmerksamkeit darauf halte, und wieder deutlicher wird.
Ich bin müde, ich werde schauen, ob ich nochmals schlafen
kann. Nun sinke ich vornübergebeugt und gekrümmt hockend wie in einen Teich
hinab.
©Peter
Alois Rumpf April
2016
peteraloisrumpf@gmail.com
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