Mittwoch, 6. April 2016

329 Leerlauf

Endlich höre ich wieder die Amseln in der Morgendämmerung, und – diesmal deutlich – den Autoverkehr. Der Wind bewegt einen der vier offenen Fensterflügel, nur den linken äußeren, zuerst macht er ihn sanft zu, dann wieder auf; und zwar lautlos, kein Tuschen und kein Kleschen. Dann rührt er ihn nicht mehr an und er bleibt bewegungslos wie die anderen drei. Ich nehme an, es war der Wind, aber es heißt ja auch, der Geist wehe wo er wolle. Welcher auch immer.

Ich denke an den Wundertäter, aber es fällt mir dazu nichts ein. Das stimmt nicht ganz; eingefallen ist mir schon etwas, aber beim Schreiben hat es sich als nicht recht praktikabel herausgestellt; ich wußte mit der Idee nicht weiter.

Jetzt höre ich aus dem Verkehrslärm einen kleinen LKW heraus. Die kalte Morgenluft läßt mich nun husten.

Das Fenster ist wieder geschlossen und es ist still; bloß eine fernes, kaum hörbares Pochen ist zu spüren. Ich spüre manchmal dieses Pochen auch als einen leichten Druck im Ohr. Für den Herzschlag ist es mir zu schnell. Außen oder innen, wo kommt es her? Jetzt klingt das Pochen mehr wie ein Rotationsgeräusch einer fernen Maschine, aber eine Waschmaschine ist es dennoch nicht; so lange und ausdauernd schleudert keine Waschmaschine. Das Haustor fällt ins Schloß. Jetzt verflacht das Pochen etwas und klingt mehr wie ein Motor im Leerlauf. Aber auch das ist es nicht, denn wer läßt schon den Motor seines Autos mehr als eine halbe Stunde laufen? Leerlauf ist gut; mit dem Wort kann ich mich anfreunden.

Also das Surren kommt aus mir, aber das Pochen? Jetzt höre ich es nur noch und spüre es kaum, mehr eine Schwingung als ein Pochen. Es ist eindeutig da. Ich versuche es mit einem unbekannten inneren Organ abzutasten, vielleicht ein bisher übersehenes Echolot. Das Phänomen verändert sich unter meiner Beobachtung. Zeitweise übertönen die schrillen Frequenzen des Surrens das Pochen und ich muß es wieder suchen, wenn ich es hören will. Jetzt finde ich es nicht mehr. Doch, da ist es wieder als ein unbestimmtes, weit entfernt Geahntes, ganz weit weg, das aber langsam näher kommt, wenn ich meine Aufmerksamkeit darauf halte, und wieder deutlicher wird.
Ich bin müde, ich werde schauen, ob ich nochmals schlafen kann. Nun sinke ich vornübergebeugt und gekrümmt hockend wie in einen Teich hinab.












©Peter Alois Rumpf    April 2016                 peteraloisrumpf@gmail.com

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