Mittwoch, 4. Dezember 2024

3888 Der Zedeturm

 



10:09 a.m. Ich überlege mir für heute einen Ausflug in ein Café, aber mit meinen häuslichen Verpflichtungen geht sich das in meinem Kopf nicht zu einer brauchbaren Kaffeehauszeit aus. Guat, dann ned, ma draht si um un geht nit! Und bleibt im Bett. Ja, ich genieße die Wärme unter der Decke, die Ruhe, die ich mir so verschafft habe (Mt 11, 28f) und finde mich damit ab, heute die Wohnung gar nicht zu verlassen. Ja, ich freue mich auf die hyperbiedermeierliche Bequemlichkeit.

Ich schaue auf meinen Photos und Kunstkarten herum, die da überall hängen, überlege, ob ich über das Photo meiner Frau beim Parmesanreiben auf Nudeln mit roter Sauce, das da vorn hängt, schreiben soll (ihr Gesichtsausdruck ist leicht ablehnend, die Szene gut zwanzig Jahre her) oder doch eher über die Körperhaltung meines abstrahierend-verschleierten, farbkopierten Priesterbildes von wann? Von vor auch nicht viel weniger Jahren. Vor diesem heiklen Thema versuche ich mich bei den nackten Weibern in der Reihe darüber zu retten. Ich drehe nun jedoch den Kopf nach rechts an die Wand, um die relativ neu getackerten Weilers und Rossos zu betrachten, aber der Blickwinkel ist fast zu steil und mein Nacken wird steif. So erhalte ich nur einen Glimpse davon und muß bald abdrehen (nautisch gemeint). Die Unterseiten der oberen Zedes im Zedeturm kann ich auch einigermaßen einsehen und besonders eine finde ich aus dieser Perspektive ästhetisch interessant und vielversprechend. Wenn ich nicht vergesse, werde ich nach dem Aufstehen nachschauen, welche Zede das ist (Brian Auger and the Trinities mit Julie Driscoll?).

Ich bleibe im Bett, bis ich hungrig auf ein Frühstück bin. Der mystisch verhaltene, abstrahierte Jubel in Weilers Bildern gefällt mir wirklich immer wieder. Ich meine so eine Art Schöpfungsjubel (o felix culpa/o glückliche Schuld), die Bilder sind ja nach der Natur gemalt. Ich werde jetzt aufstehen. So richtig hungrig bin ich eigentlich noch nicht, aber mein Aktivitätsdrang (vom Weilerschen Jubel angestachelt) - in meinem Fall der Drang, meine zwei letzten Texte nach Dusche und Frühstück einzutippen und auf die Schublade zu stellen – treibt mich aus dem Bett.


Postscriptum: Nein, es war die Rückseite der Zedehülle von Thick As a Brick von Jethro Tull, die aus der Entfernung und im Dämmerlicht zwischen den Zedes im Zedeturm viel interessanter und künstlerischer ausgesehen hat als in Wirklichkeit. Brian Auger and the Trinity (Einzahl!) mit Julie Driscoll befindet sich an der bettabgewandten Seite des Zedeturms, aber ich wette, sie war einmal ungefähr dort, wo ich sie heute vermutet habe. Bei der letzten gründlichen Zimmerreinung und Abstaubaktion – inzwischen auch schon länger her – habe ich sie offensichtlich umgeschlichtet oder den Zedeturm um 180 Grad gedreht. Aber musikalisch toll sind beide Zedes.


(4.12.2024)


©Peter Alois Rumpf Dezember 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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