Mittwoch, 22. Mai 2024

3671 Da ist sie!

 



11:34 a.m. Meine (liebe) Frau wird gleich in den Fluß steigen und es ist ihr „der Dreck scheißegal“ (Wolf Biermann). Mir nicht! Ich steige nicht in den Fluß, mir ist das Wasser zu dreckig und zu kalt und ich klettere ungern über das künstlich zur Stabilisierung des Ufers und der Böschung angelegte und möglicherweise klitschige Ufergestein. Trotzdem ist der Donaukanal kein Kanal, sondern im Grunde ein echter und natürlicher Seitenarm des Hauptstromes. Das Wasser steht relativ hoch und strömt flott und glatt vorbei, eine wenig grünlich und gelblich, lehmfarben halt, was sehr schön ausschaut. Meine Frau ist weiter stromaufwärts ins Wasser gestiegen, wo ich von hier aus nicht hinsehe, und wird gleich angeschwommen kommen. Die Sonne sticht ordentlich und es ist heiß. Noch höre ich kein Geplätscher – aber jetzt! Da ist sie! Sie hält sich noch ein wenig in der Strömung und steigt dann gekonnt und geübt aus dem Wasser und flott über die erste steinige Uferböschung herauf. Jetzt läßt sie sich in der Sonne trocknen und schaut mich Schreibenden erwartungsvoll an. Ach! Ich sollte vielleicht etwas Anerkennendes oder Lobendes sagen! „Mein Schatz, das hast du toll gemacht!“ Sie lacht. Denn das ist ein Satz, den sie mir einmal angesagt hat, dass ich ihn zu ihr sagen soll, als ich einmal wegen irgendwas mit ihr gemeckert habe. Der Fluß fließt so schnell, dass ich davon fast ein wenig unruhig, ja, ein wenig schwindelig werde. Die Sprayer hinter uns – die Stützmauern zu Straße hinauf sind – soviel ich weiß – von der Stadtverwaltung zum Sprayen freigegeben – die Sprayer also schütteln ihre Dosen, ich höre das Klacken – das sollte auch einmal wer ausrechnen, welche Umweltschäden von den Tonnen verbrauchtem Sprayguts ausgehen, oder sind die Chemikalien inzwischen unbedenklich? Stinken jedenfalls tun sie noch und von der Ausdünstung frisch aufgetragener Lacke wird mir sowieso immer schlecht. Die Sprayer schütteln anscheinend alle ihre zig Dosen auf, bevor sie wirklich loslegen; das Klacken hört nicht auf. Karawanen von Radfahrern am gegenüber liegenden Ufer und einen Stock darüber der ununterbrochene Autoverkehr. Hinter uns exakt dasselbe.

Heute ist es mir wirklich etwas unheimlich, wie ruhig und glatt der Fluß sozusagen da liegt und doch so schnell fließt, ohne auch nur einen einzigen Laut zu geben, sodass man das Mitziehende nicht gleich merkt. Übrigens sitze ich an der Stelle meines klandestinen Gartens am Ufer, aber von den von mir in Lauf vieler Jahre ausgesäten Pflanzen sehe ich nichts mehr. Heuer habe ich den heimlichen „Garten“ aufgegeben. Ein welkes Blatt strömt nun vorbei. Dann noch eines.


(20.5.2024)


©Peter Alois Rumpf Mai 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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