Sonntag, 31. Juli 2022

2826 Marderscheiße

 

Marderscheiße und bellender Hund. Am Stadtrand in einem Garten, grün (jetzt wieder),laut (Autoverkehr), mild (Wetter). Ich muß gestehen: die letzten Tage biegt es mich wieder fest zusammen. Gartenarbeitsgeschepper aus dem uneinsichtigen Nachbargarten (zu faul um aufzustehen), der vertraute Blick zum Hügel dort drüben inzwischen oben und unten verbaut. Die offene Flanke der Thuje, braun und unansehnlich wie eine ausgetrocknete Wunde. Den Vögeln ist das wurscht, die kennen keine Naturromantik. Für ein elegisches Flugzeug recht laut, aber doch ferne und immer ferner. Meine Wehleidigkeit breitet sich auf die ganze Haut aus. Ein Vogelruf – oft gehört, aber ich weiß ihn nicht zuzuordnen – offensichtlich ein Warnruf. Dieser Warnruf setzt sich mit anderen Vogelstimmen aus anderen Vogelstämmen fort. Diese Fichte da weit drüben am Gegenhang, die gerade von zwischen den unteren und den oberen Balkon oben und unten abgeschnitten eher braun als grün herüberschaut, wäre schon ein Grund, über den Zustand der Welt und meiner selbst zu weinen; ich runzle jedoch bloß die Stirn und zwicke mißmutig und verzagt die Augen zusammen. Mit dem Wind kommt eine willkommene Gleichgültigkeit herangeweht. Nichts ist an seinem richtigen Ort, auch ich bin ein schmarotzender Fremdkörper. Eine Krähe ruft mehrmals hintereinander. „Was soll aus uns bloß werden, uns droht so große Not ...“ Sensible Menschen dürfen bei uns in den Tod gejagt werden. Oh Gott, bin ich müde! Lebensmüde, wenn man es wörtlich nimmt: zu müde für den Überlebenskampf. Meine Seele sackt in sich zusammen wie ein angestochener Luftballon. Gesprächsfetzen diffundieren unverstanden in mein kippendes Bewußtsein. Der stärker aufkommende Wind tut mir gut. Heftiger Spatzendisput. Der akustische Sog des Gestellhaften. Jetzt ist wieder der Wind da, das Hundegebell, quietschender Lärm. Leg dein Zeug weg.

Das erfüllt mich immer wieder mit Bewunderung und Ehrfurcht: der bewölkte Himmel über mir und die nachhaltige Depression in mir.

 

(30.7.2022)

©Peter Alois Rumpf  Juli 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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