Sonntag, 31. Juli 2022

2824 Trauminple

 

Ich wache in der Stille und dem Duft des Regens auf, verscheuche ein paar Trauminple (sorry, manchmal kann ich meine Schrift nicht mehr lesen!), strecke mich, löse meine Arme aus Verdrehungen, begreife, dass es später Nachmittag ist und höre die ersten Regentropfen. Vorsichtig, ganz vorsichtig – denn ich habe heute wieder furchtbar Kreuz – richte ich mich seitlich im Bett auf, bringe die Beine mühsam auf den Teppich – ich bin halt ein unverbesserlicher Träumer – und stehe unter Schmerzen, mich schwerfällig mit den Armen an den Oberschenkeln abstützend, auf. Ich gehe ins Atelier, und weil dort durch das große und zum begrünten Hof und nicht in den stinkenden Lichtschacht weitgeöffnete Fenster der herrliche Wind hereinströmt, mit dem wunderbaren Rauschen des Regens, seinem Duft und seiner erlösenden Kühlung, setze mich auf die Bank und lasse den beglückenden Regen mit seinem Wind an mir herumtun. Ob ich es noch zur Veranstaltung schaffe, wie geplant? Jeder Schritt schmerzt höllisch. Ich will wissen, wie spät es ist. Ich stehe von der Bank auf und schleppe mich in mein Zimmer: 16:19. Und gehe schon etwas leichter wieder ins Atelier zurück, weil dort schlicht die bessere Luft ist, das größere Fenster und der bessere Luftzug. Ich gehe weiter ins Musikzimmer und blicke dort aus dem Fenster auf den kleinen Platz und genieße es, die Straße nässer und nässer werden zu sehen. Aber die festgetretene Erde unter den drei Bäumen ist noch kaum nass. Ich schau den Menschen beim Durch-den-Regen-Gehen zu, aber lange kann ich so nicht am Fenster bleiben; das Stehen verschärft wieder meine Kreuzessituation.

Leider läßt der Regen schon nach. Es wird nur mehr vereinzelt getröpfelt. Schade, sehr schade! Die Luft wird schon wieder stickiger und schwüler. Ein Blitz zuckt vor meinen Augen, und ein ordentlicher Donner kracht einher, aber ich muß zurück zur Bank; ich kann nicht am Fenster stehen bleiben, erst wie ich auf der Atelierbank sitze, läßt der Schmerz etwas nach. Aber jede abtrünnige Bewegung treibt den Schmerz so in die Höhe, dass ich gar nicht mehr denken kann. Wer von den Mächten beschmerzt mich so? Der Gekreuzigte? Das käme mir als zu billiger Schmäh vor – etwas einfallsreicher sind die schon. Aber einer von den Formanweisern könnte es schon sein. Fragt sich nur: mein Formanweiser? Also wirklich der, der auf die Verwirklichung meiner Gestalt acht gibt? Und kein fremder, den ich mir in Admont oder Irdning oder Vorau oder Graz oder Wien oder München oder weiß der Teufel wo eingefangen habe und der mich jetzt fremdbestimmt? In eine fremde Gestalt zwingen will? Also: sich fügen oder erst recht hingehen? Widerstand als l'art pour l'art ist genauso dumm wie Unterwerfung. Oder anders gesagt: ist das eine kreuzverfluchte Schranke, die mir von den Nornen in der Weg gestellt wurde, auf dass ich sie überwinde, oder auf dass ich mich davon um- und auf den richtigen, nämlich meinen Weg leiten lasse? Für beides gibt es in den Märchen und Erzählungen sowohl gelungene als auch gescheiterte Prototypen.

 

(29./31.7.2022)

©Peter Alois Rumpf  Juli 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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