2738 Auf den Tisch geworfene Löffel
9:30 a.m. Das Festnetz klingelt und weckt mich auf. Ein
nasser, kalter Sommertag. Die Tagis schreien und heulen sich jetzt ins
Stiegenhaus; das Leben kehrt zurück. Mein stilleres lehnt in den Pölstern und
genießt das langsame, rückfällige Aufwachen. Zur elegischen Verzierung einzelne
Regentropfen. Die jedoch werden allmählich mehr. Eines der Kinder weint zornig
und erzeugt so Druck auf meinen halbwachen Schläfen. Was ist mit denen drüben?
Was macht die gestern Nacht entdeckte Untermieterin? Die von drüben können
schon unauffällig in die Alltagswelt verankert sein, vermute ich. Ich ertappe
mich beim Einüben einer Lebenslüge. Ein wenig unschlüssig bleibe ich liegen.
Jetzt regnet es richtig. Mein Blick auf meine Bilderwelt knickt nach innen und
findet die Schwere zwischen den Augen. Dreiäuglein, schläfst du wieder ein?
Ganz traurig bin ich jetzt, wo ich an meine Kindheit denke. Und an viel spätere
Degradierungen. Gemütlich ist es mir hier nicht mehr, aber immer noch warm
unter der Decke. Soll ich in die Tagesaktivitäten flüchten? Eigenartige
Geräusche rundum verstärken die Entfremdung. Nein, ich mag noch nicht
aufstehen. Verzagtheit etabliert sich zwischen den Augen und bis in die linke
Lende hinunter. Das Geräusch auf den Tisch geworfener Löffel unten erschreckt
mich fast. Der schöne, blaue Schatten der unaufgedrehten Deckenlampe – soeben
entdeckt – beruhigt mich etwas. Ich entkrampfe heute zum dritten Mal meine
linke Hand.
(10.6.2022)
©Peter Alois Rumpf Juni 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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